Für den Erfolg des Unternehmens ist nicht nur die Geschäftsführung, sondern auch die optimale Zusammensetzung des Verwaltungsrats (VR) wesentlich. Was bedeutet das für Geschäftsführer*innen und was kann man konkret überprüfen und tun?

Früher wurden Verwaltungsratsmandate allgemein als prestigeträchtige Ämter eingestuft, mit denen hohe Nebeneinkommen erzielt werden konnten. Auch aus diesem Grund wurden neue Mitglieder des VR oft im engsten Umfeld des Familien- und Freundeskreises gesucht. Die Zeiten von Gefälligkeiten sind vorbei. Heute ist auch in der Welt der mittelgrossen und kleineren Unternehmen klar, dass ein VR-Mandat mit wichtigen, undelegierbaren Pflichten behaftet ist und dass der Skill-Mix des ganzen VR entscheidend ist. Der Druck zur Professionalisierung der Verwaltungsrätinnen und Verwaltungsräte hatte auch durch die konsequente Durchsetzung von Verantwortlichkeitsansprüchen von Aktionären, Gläubigern und Behörden zugenommen.

Üblicherweise treffen sich die Mitglieder eines KMU-Verwaltungsrats für einige mehrstündige VR-Sitzungen im Jahr. Dort werden oft strategisch relevante Entscheidungen gefällt. Angemessene Planung, Management- Kompetenz, Innen- und Aussensicht sowie Good Governance sind einige Voraussetzungen für einen zielführenden Ablauf der Sitzung und damit für die erfolgreiche Oberleitung der Firma.

Nur Freunde im VR
Für die Aspekte Eigenständigkeit und Unabhängigkeit gilt die Faustregel: Die ausschliessliche VR-Rekrutierung aus demselben Unternehmen oder gar dem Freundeskreis kann zu eingedämmter Aussenwahrnehmung oder ungewollten Abhängigkeiten innerhalb des Unternehmens führen. Familienunternehmen stellen hier wohl eine Ausnahme dar, wobei dort eine gewisse Aussensicht oder Moderation durch ein unabhängiges VR-Mitglied oder gar VR-Präsidium wertvoll sein kann. Keine Interessenskonflikte und ein guter Mix sind ausschlaggebend!

Neue Erwartungen an den VR und das Unternehmen
Die Erwartungen an Verwaltungsrätinnen und Verwaltungsräte sind hoch. Der Verwaltungsrat muss stets ethische, politische, soziale, gesetzliche und unternehmerische Aspekte abwägen. Oft ist man als VR auch in einem Dilemma: Zum Beispiel sollte man als Verwaltungsratsmitglied möglichst unabhängig sein, zugleich aber über ein vertieftes, intimes Firmenwissen verfügen.

Aber auch Verwaltungsratsmitglieder stellen Anforderungen an das Unternehmen, für welches sie im Board sitzen. Zusammen mit dem Schweizerischen Institut für KMU und Unternehmertum wurden im Jahr 2021 knapp 150 Verwaltungsratsmitglieder von Deutschschweizer Aktiengesellschaften befragt, welche Aspekte ihnen vor der Annahme eines Verwaltungsratsmandats wichtig sind.

Die Grafik unten zeigt, dass eine werteorientierte Unternehmensführung zentral ist. Fast 90 Prozent aller Antworten belegten die fünf Themengebiete Normen & Werte, Eigentümerschaft, IKS & Risikomanagement sowie Revision, Zusammensetzung des Verwaltungsrats und Geschäftsführung.

Wie den VR konkret zusammenstellen?
Economiesuisse empfiehlt, das VR-Gremium adäquat zusammenzustellen: ausgeglichen, eigenständig, angemessen divers, unabhängig und mit den nötigen Fähigkeiten ausgestattet.

Existiert vielleicht eine einfach anzuwendende Patentlösung, die beschreibt, aus welchen Menschen sich das Verwaltungsratsgremium zusammensetzen soll – also eine Zauberformel, mit der ich prüfen oder zusammenstellen kann? So einfach ist es nicht. Denn die in der Praxis angewendeten Aspekte der VR-Zusammenstellung sind abhängig von unterschiedlichen Gegebenheiten, aber grösstenteils Sache der Interessen der Eigentümerschaft. Trotzdem gibt es einige Empfehlungen, über die es sich lohnt, nachzudenken.

Adäquate Vielfalt im VR – die Zauberformel
Gibt es nun eine Zauberformel für den Verwaltungsrat? Wir sind der Meinung: Es ist individuell. Wenn es denn eine gäbe, würde sie am ehesten so lauten: adäquate Vielfalt im VR. Das heisst: eine den Umständen entsprechend angemessene Diversität. Die praxisrelevanten Aspekte der Zusammensetzung des VR-Gremiums sind vielschichtig und auch abhängig von unterschiedlichen Gegebenheiten rund um das Unternehmen. Wir denken zum Beispiel an die Branche, den Entwicklungsstand und den Bedarf des Unternehmens, an die Grösse und Geschäftstätigkeiten der Firma oder an Rollen und Funktionen der VR-Mitglieder, die es zu besetzen gilt…

Golden Rules
Abgesehen von diesen individuellen Betrachtungsweisen gibt es eine Handvoll goldener Regeln hinsichtlich der Vielfalt im Verwaltungsrat: Spezifisches Know-how, Geschlecht, Ansichten, Alter, Netzwerke, Methodik – sofern sich diese Aspekte abbilden lassen. Genauso existieren gerngesehene Grundsätze in der Einheitlichkeit in einem VR-Gremium: Identifikation, Kommunikation, Verfügbarkeit, Unabhängigkeit, Integrität, Erfahrung und Kompetenz. Es gilt also, die richtige Dosis zu finden, um einen ausgewogenen und wirksamen VR zusammenzustellen.

Verwaltungsrätinnen und Verwaltungsräte werden unabhängiger
Gerade weil die Vergabe von VR-Mandaten bisher mehrheitlich im engsten Beziehungsnetz stattgefunden hat, braucht es ein Umdenken bei den Menschen, die solche Mandate vergeben. Die Anpassungen und Regulierungen des Gesetzgebers, die zunehmende Bedeutung von Diversität, ESG / Nachhaltigkeit, Ethik, Unabhängigkeit und Corporate Governance werden auch ihren Teil zu diesem Wandel beitragen.

Zudem spüren wir das Heranwachsen einer internetaffineren Generation. Diese ist offener dafür, ein passendes Verwaltungsratsmitglied rein nach Wunschkriterien wie zum Beispiel Kompetenzen und Werten in unserer VR-Datenbank zu finden.

Resultate zur Umfrage «Minimalanforderungen guter Unternehmensführung an verwaltungsratssuchende KMU» können, auf einem PDF zusammengefasst, unter folgendem Link abgerufen werden: www.vrmandat.com/de/content/587-minimalanforderungen-an-verwaltungsratsuchende-kmu

Über den Gründer
Dominic Lüthi, Präsident des Unternehmerforums Zürichsee ist Wirtschaftsinformatiker, doziert unter anderem im Lehrgang «Zertifizierte/r Verwaltungsrätin/Verwaltungsrat SAQ»
der AKAD wie auch an der Digital Board Academy und gehört dem Vorstand verschiedener Organisationen an. 2012 lancierte er die erste digitale Matchmaking-Plattform für Verwaltungsratsmitglieder und KMU in der Schweiz, welche in den KMUVerwaltungsräten für mehr Managementkompetenz und eine bessere Durchmischung sorgt. Später entwickelte er mit seinem Team eine Vermittlungsplattform für Stiftungsratsmitglieder und Stiftungen, welche den Institutionen kostenschonend und effizient hilft, an die passenden Stiftungsrät*innen zu gelangen.

www.vrmandat.com

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