«Geschäftsführer»: Herr Professor Gut: Weshalb wollen Sie, dass die Öffentlichkeit in der Schweiz MAN Diesel & Turbo kennt?
Prof. Dr.-Ing. Hans Gut: Wir sind eines der letzten verbliebenen grossen Industrieunternehmen in der Stadt Zürich. Und darauf sind wir stolz. Wir sind ein Vertreter des Industriesektors – nach wie vor ein bedeutender Pfeiler unserer Wirtschaft.
Sie produzieren heutzutage in erster Linie Kompressoren. Ihre Absatzmärkte sind aber über die ganze Welt verteilt. Sie bräuchte die Verbindung zur Stadt Zürich nicht zu kümmern.
Doch, sehr sogar. Wir belegen 24’000m2 reine Produktionsfläche inmitten der Wirtschaftsmetropole der Schweiz und wir sind mit rund 850 Mitarbeitenden, davon 600 Ingenieuren, ein wichtiger Arbeitgeber. Auch deswegen stehen wir in regem Austausch mit Politik und Wirtschaft von Stadt und Kanton.
Der zweite Sektor geniesst aber in der Stadt Zürich nicht mehr eine hohe Relevanz, oder?
Zürich soll auch in Zukunft ein Werkplatz sein. Dies ist einer der Strategie-Schwerpunkte des Zürcher Stadtrats. Zürich ist eine Metropole, in der innovative Technologieunternehmen und produzierende Gewerbebetriebe parallel erfolgreich sind.
Die Produktionsfläche von MAN Diesel & Turbo gerät immer mehr in Bedrängnis. Rundum wird gebaut und mit dem Puls 5 stellte man zwischen ihre Produktionshallen und die drei Prüfstände einen neuen Komplex.
Der Puls 5 ist ja an sich nichts Neues. Puls 5 steht bekanntlich in den Hallen der ehemaligen Giesserei, für welche wir aufgrund unserer strategischen Ausrichtung keine Verwendung mehr hatten und deswegen vor mehr als 30 Jahren schlossen.
Einst stand Ihr Unternehmen aber am Stadtrand von Zürich.
Im Jahr 1805 gründeten ein Bankier und ein Ingenieur die Herren Escher und Wyss die Escher-Wyss. Ende des vorletzten Jahrhunderts suchten die in der Stadt verbliebenen Industriebetriebe noch unerschlossene Flächen. Wir zogen an den Escher-Wyss-Platz auf einer grünen Wiese. Heute stehen wir mitten in einem Trendquartier, das seit den 1990er Jahren immer mehr zu einem Gebiet für neue Bars und Clubs wurde und wo sich spätestens ab den Abendstunden ein junges, urbanes Publikum trifft.
Sie sprechen den Wandel des einstigen Arbeiter- und Industriequartiers an?
Ja, vor 30 Jahren setzte auch in Zürich eine starke Wandlung des Industriesektors ein. Etliche Industriebetriebe fusionierten, wurden aufgekauft, gingen in Konkurs oder zogen aus der Stadt weg. Dadurch lagen unzählige grosse Industriebauten brach, die seit den 1990er-Jahren umgenutzt oder abgerissen und durch Neubauten ersetzt werden. Daraus entstand inzwischen neuer Wohnraum oder Freizeit- und Vergnügungsareale. Auch wir haben eine geschichtsträchtige Vergangenheit hinter uns, doch bietet Zürich so eine hohe Standortattraktivität, dass wir sehr gerne hier bleiben und am Leben mitten in der Stadt partizipieren.
Was macht denn diese Standortattraktivität aus?
Es ist einerseits die Lage, die urbane Nähe, die für alle Mitarbeitenden von grossem Vorteil ist. Trotzdem liegen wir an Bahn und Strasse, wie auch in Flughafennähe, so dass wir innert kürzester Zeit notwendige Strecken zurücklegen können. Wo finden sie heute eine Metropole, in der sie in 15 Minuten am Flughafen sind? Schliesslich sind es aber auch Themen wie die Sicherheit und Freiheit in der Schweiz oder auch das Recruiting.
Inwiefern profitieren Sie für die Personalbeschaffung vom Standort Zürich?
Wir beschäftigen rund 600 Ingenieure, die in der gesamten Wertschöpfungskette des Unternehmens tätig sind; angefangen bei der Produktentwicklung, über die Konstruktion und Produktion, bis zum Verkauf und Service, um nur einige der Abteilungen zu nennen. Unser Augenmerk liegt auf bestens ausgebildeten Fachpersonen und es ist anspruchsvoll diese zu finden. Die Nähe zu Hochschulen und Fachhochschulen, aber auch die ungebrochene Anziehungskraft von Zürich auf ausländische Mitarbeitende, bringen uns hier die nötigen Vorteile.
Sie liessen Portraits von Mitarbeitenden, wie auch Bilder aus den Produktionshallen produzieren und präsentierten diese der Bevölkerung in ihren Industriehallen mit einer Ausstellung.
Bereits 2015 gewährte MAN Diesel & Turbo im Rahmen des 100 Jahr-Jubiläums der Isotherm-Turbokompressoren einen Blick hinter die Backsteinmauern. Damals waren es, neben unseren Kunden, Medienvertreter, die mit ihren vielen Berichten einen ersten Einblick zuliessen. Standen im ersten Anlass die industrielle Leistung im Mittelpunkt, galt es für die Fotoausstellung den «Industriestandort Zürich» in den Fokus zu rücken.
Welche Themen bestimmten denn diese Schau?
Wir konnten die Wichtigkeit des sekundären Wirtschaftssektors sowohl im Wirtschaftsstandort Zürich, wie auch auf nationaler Ebene betonen. Darüber hinaus wurde das Spannungsfeld von «Arbeiten und Leben» in einem der buntesten und quirligsten Quartiere der Stadt aufgezeigt.
Und wie gliederte sich die Ausstellung?
In einem ersten Teil beleuchtete die Ausstellung die ‹belle epoque› der Industrialisierung. Dafür wurde in Zusammenarbeit mit dem Staatsarchiv eine Sichtung vorhandener Fotodokumentationen durchgeführt und diese Bilder mit bestehenden und neu geschaffenen Fotomaterialien unseres Unternehmens abgeglichen. Der zweite Teil der Ausstellung gab den modernen, den heutigen Fokus auf die MAN Diesel & Turbo wieder. Dabei wurden drei Bereiche ins Visier genommen: Unsere Mitarbeitenden im Portrait, Architektur und Industrie sowie das Leben und die Arbeit im Quartier.
Weitere Informationen:
www.turbomachinery.man.eu