Dass die Kleidung die Persönlichkeit nach aussen trägt, wusste Johannes Ucan schon immer. Die «ZürichRUNDSCHAU» sprach mit dem Stilexperten und Inhaber von JUCAN tailor-made über seine Leidenschaft Mode, Social-Media-Marketing und seine Ideen für die Zukunft.

Mit seiner Leidenschaft für Mode auch andere begeistern, das ist Johannes Ucans Ziel. Bereits während seiner Ausbildung zum Automechaniker interessierte er sich mehr für seinen Blaumann als für die Autos. Erst als er bei verschiedenen renommierten Herrenausstattern arbeitete und seine täglichen Outfits auf Instagram und Facebook postete, konnte er seine Leidenschaft richtig ausleben. Seit 2012 ist er auf Instagram unter dem Namen @jj88fashionist als bekannter Fashion-Influencer und Mode-­Blogger unterwegs. Zwei Jahre später machte er sich selbstständig und eröffnete sein eigenes Atelier für Massanzüge: JUCAN tailor-made. «Durch meinen Job kann ich meine Leidenschaft für Mode täglich leben und sie mit anderen teilen», begründet er den Reiz seiner Arbeit.

Anzüge, Hemden, Mäntel, aber auch Schuhe, bunte Einstecktücher und elegante Manschettenknöpfe gibt es in seinem Geschäft. Eben alles, was der stilbewusste Anzugträger von heute braucht. Das Spannende für Johannes Ucan an seinem Beruf ist eben nicht nur, den Kunden einen perfekt sitzenden Anzug zu fertigen. Es sind auch der persönliche Kundenkontakt, die individuelle Stilberatung und die Freundschaften, die daraus entstehen.

«ZürichRUNDSCHAU»: «Kleider machen Leute», heisst ein bekanntes Sprichwort. Inwiefern können Sie dies bestätigen?
Johannes Ucan: Ich bin tatsächlich der Meinung, dass die «richtige» Kleidung – und diese ist immer individuell unterschiedlich – einen enormen Effekt auf die Eigen- sowie die Fremdwahrnehmung hat. Kleidung ermöglicht es, seinen Stil nach aussen zu tragen und beeinflusst den ersten Eindruck. Umso wichtiger ist, dass das Outfit dem Anlass entspricht und perfekt sitzt. Ich mache oftmals die Beobachtung, und bekomme das von Kunden bestätigt, dass sie sich in einem Massanzug selbstbewusster fühlen und sich dadurch ihr Auftreten positiv verändert.

Wie sieht moderne Business-Mode heute aus und wohin gehen die Trends in diesem Jahr? 
Der Trend der Individualisierung und stetiger Optimierung hinterlässt auch in der Modebranche seine Spuren. Männer, die beruflich einem Dresscode unterliegen und beispielsweise in Anzug oder zumindest in Business Casual erscheinen müssen, haben die Massmode für sich entdeckt. Es ist jedoch ein Wandel zu erkennen, der sich vor allem auf tragbare und bequeme Mode fokussiert. Also Anzüge, die knitterfest und bequem sind, aber dennoch einen modernen Schnitt haben.

Was bedeutet modern bei einem Anzug?
Modern bezeichnet mit heutigem Standard eine schmale Taille und eine etwas engere Hosenform, die fast schon an einen Chino-Schnitt erinnert. Farblich bleibt es vor allem im Business-Alltag klassisch. Die Farben Anthrazit und Dunkelblau, in Kombination mit einem weissen oder hellblauen Hemd, liegen da sicherlich auch in Zukunft ganz weit vorne. Schwarz wird leider vor allem im Business immer noch oft getragen, gehört aber meiner Ansicht nach entweder auf eine Beerdigung oder in Form eines Smokings auf einen Gala-Event.

Sie sind vielen als Fashion-Influencer Jojo Ucan bekannt. Wie hat Ihre berufliche Laufbahn in der Massschneiderei begonnen?
Nachdem mich unendlich viele Leute nach Fashion-Tipps gefragt haben und woher ich beispielsweise diese Hose oder jenes Sakko habe, fasste ich den Entschluss: Ich muss meine Outfits selber produzieren und perfektionieren. Perfektionieren aus dem Grund, da der Markt für individuelle Herrenmode damals einfach zu wenig hergab. Damals wie heute bin ich der Überzeugung, dass es jeder Mann verdient, einen Massanzug zu einem vernünftigen Preis zu bekommen. Daraus ist meine Selbstständigkeit entstanden. Parallel dazu habe ich natürlich weiter an meinem Netzwerk in den sozialen Medien gebaut und dieses bewusst eng mit meinem Unternehmen verknüpft. Der Weg in die Selbstständigkeit brauchte enorm viel Mut, hat sich aber rückblickend auf jeden Fall ausgezahlt!

Im Atelier können die Kunden Stoffe anfassen und verschiedene Schnitte probieren.

Lässt sich Massbekleidung über Social-Media-Marketing vermarkten?
Es hilft sicherlich, wenn man über solch ein Netzwerk verfügt. Vieles basiert in unserem Business auf Mund-zu-Mund-Empfehlungen, und dafür werden heutzutage vermehrt die sozialen Medien genutzt. Wenn ich meine Outfits aus dem Hause JUCAN poste, mache ich jedoch in erster Linie keine Werbung, sondern zeige den Leuten meine Leidenschaft und die Möglichkeiten der Mode. Ich will begeistern. Und das ist natürlich einfacher, wenn 84᾽000 Menschen mein Bild sehen als lediglich 700. Für die klassische Werbung nutzen wir jedoch unseren firmeneigenen Account @jucantailormade. Auch hier ist nicht das Marketing als solches entscheidend, sondern die Qualität der Produkte und die damit zusammenhängende Zufriedenheit der Kunden. Denn zufriedene Kunden kommen wieder und empfehlen uns weiter. Das ist die beste Werbung, die man haben kann – unbezahlbar.

Nutzen Sie die Reichweite anderer Influencer oder Stars, damit diese Ihre Massanzüge promoten?
Unsere Kunden sollen unsere Anzüge mit Stolz und Freude tragen. Aber nicht, weil sie dafür Geld bekommen oder ein Influencer-Agreement unterzeichnet haben. Das entspricht nicht unserer Philosophie. Wir wollen, dass die Menschen auf uns zukommen, weil sie einen Anzug von JUCAN tailor-made haben möchten. Wenn sie ihren Massanzug dann in den sozialen Netzen teilen, ist das für uns durchaus ein schöner Nebeneffekt und sicherlich auch eine gute Marketingmassnahme. Aktiv suchen wir diese Möglichkeiten jedoch nicht. Aber wir erzählen natürlich gerne, wenn wir die Ehre haben, für namhafte Stars wie Granit Xhaka, DJ Antoine, Haris Seferovic oder Timo Meier Anzüge schneidern zu dürfen.

Massanzüge sind keine Einheitsmode, sondern immer wieder ein bisschen anders. Wo finden Sie Inspiration?
Inspiration finde ich beispielsweise durch die unendliche Vielfalt auf Instagram und die damit in Verbindung stehenden Profile von anderen Modebegeisterten, Fashion-Ikonen und Brands. Weiter versuche ich, mindestens einmal jährlich die Pitti Uomo in Florenz zu besuchen. Die Pitti gilt als die wichtigste und exzentrischste, internationale Messe für Herrenmode. Aber auch meine Kunden finde ich extrem inspirierend. Kein Anzug gleicht dem anderen, und durch die Vielzahl an Bestellungen und Kundenkontakten werde ich auch von ihnen auf neue Ideen gebracht und kann mir hier und da etwas abgucken. Die Besuche in den Produktionsstätten von JUCAN, respektive die Gespräche mit den erfahrenen Menschen hinter den Nähmaschinen, liegen mir zusätzlich sehr am Herzen. Sie ermöglichen mir, Insights aus erster Hand zu bekommen. In gemeinsamen Gesprächen führen sie zu vielen neuen Ideen, neuen Möglichkeiten und vor allem neuer Inspiration. 

Sie haben eine enorm grosse Auswahl an Stoffen. Wenn der Kunde die alle durchsieht, ist er sicherlich überfordert. Wie gehen Sie vor und helfen ihm bei der Auswahl?
Ihre Aussage mit der Überforderung teile ich absolut. Grundsätzlich kann man sich von der riesigen Auswahl an Stoffen, Details und Konfigurationsmöglichkeiten schnell erschlagen fühlen. Doch genau hier kommen wir als Berater ins Spiel. Unsere Aufgabe ist es, den Kunden durch den Prozess zu führen, seine Neigungen und Wünsche zu erkennen und ihm daraufhin einzelne Vorschläge zu präsentieren. So kann die Auswahl schnell eingegrenzt und der Kunde entlastet werden. Wir fokussieren uns in unserer täglichen Arbeit sehr stark auf diese Kompetenz und unterstützen den Kunden bei jedem seiner Auswahlschritte. Denn schluss­endlich wollen wir zufriedene Kunden. Zusätzlich tüfteln wir zurzeit an einer Idee, die den Auswahlprozess deutlich vereinfachen und das Vorstellungsvermögen des Kunden entlasten soll. Leider kann ich aber dazu noch nicht mehr verraten, da wir uns erst in der Entwicklungsphase befinden. Es existiert in dieser Hinsicht aber definitiv noch einiges an Verbesserungspotenzial in Kombination mit der fortschreitenden Digitalisierung.

Der Kunde hat den Stoff gewählt und sich für ein Schnittmuster entschieden. Wie wichtig sind nun Accessoires bei einem Massanzug?
Ein Anzug ohne die passenden Accessoires und aufeinander abgestimmte Details ist wie ein Winter ohne Schnee. Einfach nicht vollkommen. Die Accessoires sind das optische Highlight des Outfits und dürfen gerne auch mal farblich etwas hervorstechen. Um es metaphorisch auszudrücken: Der Anzug ist die grundierte Leinwand, das farbige Bild machen dann aber die Accessoires. Und dazu gehört von Krawatte und Einstecktuch bis hin zu den Manschettenknöpfen, Gürtel, Socken und Schuhen alles. Deswegen war mir von Anfang an wichtig, dass wir unsere Kunden komplett einkleiden können. Die Auswahl hat sich immer weiter ausgebaut. Heute verfolgen wir bei JUCAN tailor-made das «One-Stop-Shop-Konzept». Damit können wir unseren Kunden alles – vom Massanzug bis zum Manschettenknopf – aus einer Hand anbieten.

Verraten Sie unseren Lesern das Erfolgsrezept Ihres Unternehmens?
Ich bin der Meinung, dass es kein allgemein gültiges Erfolgsrezept gibt. Es gibt keine Zauberformel, die einem zum Erfolg verhilft. Vielmehr ist es harte Arbeit, eine gewisse Risikobereitschaft gepaart mit Mut und Selbstvertrauen und natürlich ein hohes Mass an Kompetenz. Man muss einem Ziel alles unterordnen können und dieses stets im Fokus behalten. All die genannten Attribute sind aber nichts wert, wenn man nicht mit voller Leidenschaft bei der Sache ist. Das ist das Wichtigste! Dabei geht es nicht zwingend um Erfolg, denn dieser ist schwer planbar. Vielmehr geht es darum, tagtäglich besser zu werden, sich der Excellence zu verschreiben und dafür alles zu tun, was in der eigenen Macht steht. Dazu gehört auch, dass man sich einem gemeinsamen Ziel verschreibt und als Team funktioniert. Alle Mitarbeitende von JUCAN tailor-made streben danach, unsere Kunden bestmöglich zufrieden zu stellen. Es zählt der unbändige Wille, sich und sein Unternehmen stetig zu verbessern. Diese Beharrlichkeit ist das, was einen selbst, die Mitarbeitenden und damit auch das Unternehmen nach vorne bringt. Bei alldem darf man aber nicht vergessen, Demut zu zeigen. Nicht viele Menschen auf dieser Welt haben das Glück, so privilegiert zu leben wie wir. Für unsere Privilegien sollten wir jeden Tag dankbar sein. 

www.jucan.ch

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