Digitale Tools zur Kollaboration haben in Unternehmen enorm an Bedeutung gewonnen – gerade via Microsoft Teams. Häufig noch nicht integriert ist jedoch die Festnetztelefonie, obwohl dies meist möglich wäre. Die wichtigsten Fragen hierzu beantwortet Marcel Gmür von sipcall, dem VoIP-Pionier seit 2005, und bietet individuelle Business-Lösungen an.

«Geschäftsführer»: Kann Microsoft Teams meine Telefonanlage ersetzen?
Marcel Gmür: Dies ist von den Anforderungen an die Telefonie-Lösung abhängig. Microsoft stellt monatlich neue Funktionen live vor, unter anderem betrifft dies auch die Teams-Telefonie. Zahlreiche Anforderungen können bereits out of the box durch Microsoft Teams abgedeckt werden. Dazu zählen beispielsweise Ringrufe, ein IVR (Interactive Voice Response, sprich ein Sprachdialogsystem) mit Öffnungszeiten und Feiertagsschaltungen, Weiterleitungen mit und ohne Rückfrage und so weiter. Es gilt aber unbedingt zu beachten, dass Microsoft Teams in erster Linie ein Zusammenarbeits-Tool ist, bei dem es um Filesharing, Chats, Meetings, Projektarbeit oder gleichzeitiges Arbeiten an einem Dokument geht. Die externe Telefonie bietet hierfür die perfekte Ergänzung. Wenn man vorhat, Microsoft Teams nur als Telefonanlage zu nutzen, wäre dies eher der falsche Ansatz.

Calling Plans versus Direct Routing – was ist besser?
Seit dem 1. Oktober 2020 existiert auch in der Schweiz die Möglichkeit, mittels Anrufplänen (Calling Plans) direkt über Microsoft zu telefonieren. Man bestellt also Rufnummern direkt bei Microsoft oder portiert sie in den Teams-Tenant. Vorteilhaft ist die Tatsache, dass man nur noch eine Rechnung erhält und mit wenigen Klicks bereits extern telefonieren kann. Die Anrufpläne sind jedoch ziemlich kostenintensiv. Gerade Unternehmen, welche zwar zahlreiche Rufnummern, aber nur wenige Teams-User haben, müssen tief in die Tasche greifen. Bei Microsoft existiert folgende Formel: Die Anzahl der Calling-Plans-Lizenzen multipliziert mit 1.1 und addiert mit zehn ergibt die Anzahl der maximal möglichen Rufnummern, welche sich im Teams-Tenant befinden dürfen. Bei einem 100er-Block werden also beispielsweise mindestens 82 Calling-Plans-Lizenzen benötigt.

Alternativ besteht die Möglichkeit, den bestehenden Provider via Direct Routing an Microsoft Teams anzubinden. Dadurch profitiert man von attraktiven Gesprächskonditionen. Für DECT-Telefone, SIP-Apparate, Türöffner oder für Lifttelefone existiert von Microsoft noch keine Anbindungsmöglichkeit, wobei man hierfür jedoch auf eine vPBX (virtuelle Telefonanlage) zurückgreifen kann. Bei einigen Providern ist die vPBX bereits inkludiert und verursacht somit keine zusätzlichen Kosten. Ebenfalls schätzen es viele Unternehmen, dass sie für den Telefonie-Teil auf den kompetenten Support des Providers zurückgreifen können.

Marcel Gmür, Geschäftsführer sipcall by Backbone Solutions AG

Welche Microsoft-Lizenzen werden für die Teams-Telefonie benötigt?
Grundsätzlich benötigt man eine Microsoft-365-Lizenz, in der Microsoft Teams inkludiert ist. Zudem ist es notwendig, das Telefonsystem-Add-on hinzuzufügen. Jeder Benutzer, der extern telefonieren möchte, benötigt das Telefonsystem-Add-on. Dieses kostet bei Microsoft 7.90 Franken pro Benutzer und Monat. Bei einer Microsoft-365-Business-Lizenz gilt es zu beachten, dass das Telefonsystem-Add-on nur in Kombination mit dem Audiokonferenzen-Add-on gebucht werden kann. Das entsprechende Add-on-Paket heisst «Business Voice» und ist nur über einen Microsoft-CSP-Partner beziehbar. Der Preis bewegt sich dort um die zwölf Franken pro Benutzer und Monat. Für einige mag dies eventuell nach einem stattlichen Preis klingen, jedoch muss man unbedingt auch beachten, dass man in die Effizienz investiert. Dank der Telefonie-Integration in Microsoft Teams existiert für die gesamte Kollaboration und Kommunikation nur noch ein einziges Tool.

Was mache ich mit meinen Türöffnern, Türsprechstellen, Lifttelefonen, Alarmanlagen?
Diese Frage geht leider oftmals vergessen. Endgeräte wie Türöffner, Türsprechstellen, Lifttelefone oder Alarmanlagen basieren in der Regel noch auf einer analogen Technologie. Analoge Endgeräte können ganz bequem auf einem VoIP-Adapter angeschlossen werden. Der VoIP-Adapter wiederum wird je nach Verfügbarkeit des Providers mittels SIP-Technologie an einer vPBX registriert. Nun besteht beispielsweise die Möglichkeit, über den Teams-Client diejenige Rufnummer anzusteuern, welche auf dem VoIP-Adapter an der vPBX registriert ist. Dadurch lässt sich die Türe öffnen. Auch Kunden, welche noch Faxe versenden, können entweder das analoge Fax via VoIP-Adapter anschliessen oder vorzugsweise beim bestehenden Provider eine digitale Faxlösung aktivieren. Die digitale Faxlösung empfängt Faxe, wandelt sie in ein PDF um und stellt sie per E-Mail zu. Umgekehrt können meistens Faxe per E-Mail versendet werden.

Ich habe DECT- oder SIP-Telefone im Einsatz. Kann ich diese mit Microsoft Teams nutzen?
DECT- oder SIP-Telefone können aktuell noch nicht direkt an Microsoft Teams angeschlossen werden. Doch auch hier schafft eine vPBX Abhilfe: Man registriert lediglich die SIP-fähigen Endgeräte über eine separate Telefonnummer an einer vPBX. Bei DECT-Sendern, welche nicht SIP-fähig, sondern via On-Premise-Telefonanlage angebunden sind, kann entweder die On-Premise-Telefonanlage via SIP-Trunk an die vPBX angeschlossen werden oder sie werden durch SIP-fähige DECT-Sender ersetzt.

Kann ich meine bestehende Telefonanlage mit der Microsoft-Teams-Telefonie kombinieren?
Bei einigen Providern ist dank einer vPBX ein Parallelbetrieb problemlos möglich. Dort kann selbst entschieden werden, welche Rufnummer auf der vPBX genutzt, via SIP-Trunk zu einer bestehenden Telefonanlage geroutet oder via Hosted SBC (Session Border Controller) zu Teams geleitet werden soll.

Wie migriere ich am besten zur Microsoft-Teams-Telefonie? Kann ich ein Testing durchführen?
Falls Microsoft Teams noch gar nicht eingesetzt wird, ist in einem ersten Schritt zu empfehlen, Microsoft Teams einzurichten und als Zusammenarbeits-Tool zu nutzen. Sobald dies reibungslos funktioniert, empfiehlt es sich in einem zweiten Schritt, eine Testphase mit neuen Rufnummern durchzuführen. Man bestellt also neue Rufnummern und routet diese zu Microsoft Teams. Anschliessend kann man die bestehenden Rufnummern auf die neuen Rufnummern umleiten. Für die ausgehende Telefonie besteht bei einigen Providern sogar die Möglichkeit, die bestehende Rufnummer als ausgehenden CLIP anzuzeigen. Somit telefoniert man bereits über Teams, ohne dass eine Portierung erfolgen muss. In einem letzten Schritt kann die eigentliche Migration inklusive einer etwaigen Portierung zu einem anderen Provider erfolgen.

Was mache ich, wenn Microsoft Teams eine Störung hat?
Auch hier schafft je nach Provider die vPBX Abhilfe. Wenn Microsoft gerade eine Störung hat, kann ein eingehender Anruf von der vPBX nicht mehr via Hosted SBC zu Teams geleitet werden. Meistens kann hierfür eine Fallback-Rufnummer oder ein Fallback-Ringruf konfiguriert werden. Im Störungsfall merkt die vPBX oder der Hosted SBC, dass die Verbindung zu Microsoft Teams nicht hergestellt werden kann, und schaltet automatisch auf das Fallback um.

Wie läuft die Installation ab? Brauche ich hierfür besondere Kenntnisse?
Zunächst werden die entsprechenden Microsoft-365-Lizenzen, ein entsprechendes Abo beim favorisierten Provider und Rufnummern benötigt. Anschliessend loggt man sich ins Kundenportal des Providers ein und wählt dort aus, welche Rufnummern zu welchem Zeitpunkt zu Teams geroutet werden sollen. Sodann müssen im Microsoft 365 Admin Center eine Domäne des Providers hinzugefügt und diverse Powershell-Befehle ausgeführt werden. Dazu erhält man vom Provider eine Schritt-für-Schritt-Anleitung.
IT-versierte Personen mit Microsoft-365- und Powershell-Kenntnissen können das Direct Routing also problemlos umsetzen. Alternativ kann ein Installationspartner mit Microsoft-Kenntnissen hinzugezogen werden.

Wie sieht es mit dem Support aus?
Das ist von Provider zu Provider unterschiedlich. Meistens wird vor allem die Verbindung vom Provider zu Teams supportet (Direct Routing). Der Teams-Telefonie-Bereich wird entweder nicht oder nur eingeschränkt durch den Provider selbst supportet. Microsoft Teams und Microsoft 365 liegen im Bereich eines Microsoft-Partners, welcher vorzugsweise mit dem entsprechenden Provider zusammenarbeitet. Aufwendiger wird es bei Gesprächsqualitätsproblemen. Meist kann der Provider ein Tracing bis zum Teams-Tenant durchführen und mitteilen, wo sich das Problem befindet. Vielfach ist ein fehlkonfigurierter Switch oder die Firewall schuld an der Misere.

www.sipcall.ch

 

 

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