Die Covid-19-Pandemie hat alle Bereiche des Lebens erfasst – und natürlich die Geschäftswelt. Auch die Start-up- und Gründerszene musste mit der Situation umgehen und unter erschwerten Bedingungen ihre Projekte weiterführen und vorantreiben. Gleichzeitig aber hat Corona als Katalysator für disruptive Ideen, für Innovation und Unternehmergeist gewirkt. Wie sind Gründer / innen und Start-up-Unternehmen damit umgegangen? Aus welchem Holz muss man geschnitzt sein, um auch unter erschwerten Bedingungen ein Projekt zum Erfolg oder zur Marktreife zu führen?

Aus welchem Holz sind Gründerinnen und Gründer geschnitzt? Welche Eigenschaften bringen sie mit, um erfolgreich zu sein? Und welche Rahmenbedingungen müssen stimmen? Die Wirtschaftsregion Zürich ist in vielen Start-up-, Gründer- und
Innovationsrankings an Europas Top-Positionen anzutreffen: Das habe, so berichtet unter anderem auch «Greater Zurich Area», mehrere Gründe. Erstens: Die Schweiz habe ein erfolgreiches und gut eingespieltes duales Bildungssystem. Der intensive Austausch und die enge Zusammenarbeit zwischen Forschungsinstituten und der Privatwirtschaft fördere
Innovation. Zweitens: Die Greater Zurich Area verfüge über eine grosse und vielfältige Auswahl an qualifizierten Arbeitskräften. Drittens: Die Schweizer Behörden regulieren, ohne Innovation zu behindern. Sie handeln pragmatisch und progressiv und befinden sich in einem steten Austausch mit den betroffenen Branchen.

Dies alles fördere eine hohe Innovations- und Forschungsdichte und eine gute Gründermentalität und -motivation in einem attraktiven Gründerumfeld. Hilfreich seien zudem die weltweit gut vernetzten Universitäten und Forschungsinstitute. Dazu gehören beispielsweise die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH), das interdisziplinäre Forschunginstitut für Materialwissenschaften und Technologie Empa, die Universität
Zürich und diverse Fachhochschulen. Gemäss dem World University Ranking ist die ETH Zürich die beste Universität Kontinentaleuropas und in der Informatikwissenschaft sogar global führend. Ansehnliche 400 Spin-offs verzeichnete die ETH in den letzten 20 Jahren. Davon zählen 100 zu den erfolgreichsten Schweizer Spin-offs (Quelle: Greater ZH Area).
Die Vernetzung von Wissenschaft und Privatwirtschaft sei ausserordentlich. Bezüglich F & E-Kollaborationen rückt die Schweiz in der letzten Studie des World Economic Forum dieses Jahr sogar auf den ersten Platz. Accelerators und Incubators würden ein dynamisches Umfeld für Innovation in Technologien wie Life Sciences, Informationstechnologie, Fintech und Blockchain, Robotik und intelligente Systeme sowie hochentwickelte  Produktionsverfahren schaffen. (Wir haben bereits an dieser Stelle darüber berichtet.)

Anschluss finden bei erfahrenen Leuten
Was ist aber ganz konkret das Erfolgsgeheimnis der Gründerinnen und Gründer der Region? Unsere Umfrage zeigt: Eine gute und innovative Idee zu haben, reicht nicht aus. Es geht in allererster Hinsicht um die Marktfähigkeit eines Projektes. Aber auch die involvierten Personen und deren Hard- und Softskills sowie die Marketingkompetenz spielen eine grosse
Rolle. Moritz Kistenmacher ist Geschäftsführer Liestal und Zürich bei der Start-up Academy und weiss, welche Herausforderungen Gründerinnen und Gründer erwarten: «Als Gründerin beziehungsweise Gründer sollte man sich bewusst sein, dass der Nine-to-five-Job vorbei ist. Schlaflose Nächte und durchgearbeitete Wochenenden gehören in der frühen Phase dazu. Als Gründer / in oder Gründerteam müssen am Anfang alle Geschäftsbereiche von einer oder wenigen Personen abgedeckt werden. Dies erfordert viel Flexibilität und die Bereitschaft, Aufgaben zu erledigen, die einem weniger Spass machen. Als Gegenleistung kann und sollte man seinen verrückten Ideen freien Lauf lassen, um herauszufinden, was funktioniert und was nicht. Auch das Scheitern und das Einschlagen neuer Wege sind erforderlich, um ein erfolgreiches Geschäftsmodell aufzubauen. » Zu den Rahmenbedingungen sagt Moritz Kistenmacher: «Sich einer Start-up-Organisation wie zum Beispiel der Start-up Academy Zürich anzuschliessen, ist enorm von Vorteil. Man ist somit Teil eines Netzwerks aus Start-ups, Mentoren und Experten, kann wachsen und  Erfahrungen sammeln. Workshops und Veranstaltungen sollte man auch besuchen, um die Geschäftsidee weiterzuentwickeln. Die Idee zu präsentieren ist ein weiters Mittel, um Lernerfahrungen sammeln zu können. Denn: Lernerfahrungen sind massgeblich für den Erfolg eines Start-ups.»

Die Fähigkeit, «Out of the box» Zu denken
Dr. Matthias Schweizer, Inhaber des Beratungsbüros Moncrier, stellt denn auch Charaktereigenschaften wie Leidensfähigkeit, Disziplin und Durchhaltewillen in den Vordergrund. «Erfolgreiche Gründer verfügen über einen unerschütterlichen Glauben an sich selbst und an ihre Ideen, haben nebst dem Sinn fürs Grosse und Ganze auch die Fähigkeit, «out of the box» zu denken, und nehmen Ratschläge und Unterstützung von Spezialisten an. Gute Voraussetzungen zur erfolgreichen Gründung eines Start-ups sind ein mittelfristiger Businessplan, entsprechende Finanzmittel – Familien- und Pensionskassengelder sollten dabei aber «save» sein und Kredite sollten nur über eine juristische Person aufgenommen werden – sowie gerechte Partnerverträge mit Mitstreitern und Teilhabern.»

Es braucht gehörige Portion Resilienz
Robert Sum von Start-up Baselland, der «Dachmarke» der Standortförderung Baselland für die Koordination aller Förderaktivitäten des Kantons Baselland, hebt vor allem den Teamgeist hervor, denn die meisten erfolgreichen Gründer seien nicht Einzelkämpfer, sondern Teams. Ein erfolgreiches Unternehmen bedarf einer grossen Vielfalt an Fähigkeiten, um die verschiedenen Mitstreiter zusammenbringen, und einer visionären Führung, die diese Fähigkeiten bündelt und in Marktleistungen umsetzt, so Robert Sum. «Meine eigene Erfahrung als Gründer geht auf das Jahr 1997 zurück, als ich mit zwei Studienkollegen die Nanosurf AG gründete, wo jeder seine Stärken ideal einbringen konnte: Forschung, Entwicklung und Verkauf. Mit der Zeit ergänzte man die Kapazitäten mit weiteren Fachleuten. Die wichtigsten Eigenschaften der Führungspersönlichkeiten sind
meiner Ansicht nach die Teamfähigkeit, die Passion und eine gewisse Beharrlichkeit. Dazu braucht es eine grosse Portion Resilienz und Phantasie, sodass man in Krisensituationen, die immer wieder auftreten, nachhaltige Lösungen findet und nicht gleich aufgibt.» Folgende Rahmenbedingungen nennt Sum zudem noch: Offene Grenzen für Personen und Waren, gute Kommunikationsmittel, eine funktionierende Infrastruktur und verbindliche Gesetze / Regeln sind schon mal gute Grundvoraussetzungen für erfolgreiche Geschäfte. Ausserdem: «Gute Voraussetzungen bietet eine prinzipiell unternehmensfreundliche Gesellschaft, die auch private Investitionen für Jungunternehmen zur Verfügung stellt und eine dynamische Vernetzung unter arrivierten und neuen Unternehmenden unterstützt. Dies beschleunigt die unternehmerischen Aktivitäten enorm.» Die typisch liberale Haltung des Schweizer Staates gegenüber Unternehmen, prinzipiell keine Subventionen direkt zu bezahlen, sondern durch Beratungs- und Forschungsleistungen oder Bürgschaften fördern, sei im internationalen Vergleich sehr erfolgreich, sagt Sum. Dies zwinge die Unternehmen dazu, den Kunden in den Fokus ihrer Tätigkeiten zu setzen und für diesen marktfähige Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln.

Die Marktfähigkeit eines Projektes ist entscheidend
Das bejaht auch Alexis Weil, Gründer und CEO bei seniors@work, der auch bei der TV-Sendung «Die Höhle der Löwen» einen äusserst erfolgreichen und überzeugenden Auftritt hatte: «Durchhaltevermögen sowie eine intrinsische Motivation sind sicherlich Grundvoraussetzungen, die man als Gründer mitbringen muss. Man sollte logischerweise an die Idee beziehungsweise Mission glauben. Zudem finde ich es von Vorteil, wenn man ein Allrounder ist. Am Anfang hat ein Start-up nicht immer grosse finanzielle Möglichkeiten, daher muss jede Person viele Aufgaben ausführen und on the job lernen, sich sehr schnell in neue Themen einlesen und diese verstehen können. Des Weiteren ist es wichtig, dass das Team aus verschiedenen Persönlichkeiten besteht, die sich gut ergänzen. Gleichzeitig
ist es aber auch wichtig, Entscheide schnell zu treffen, wenn dies angebracht ist und man sich einer Marktsituation anpassen muss. Bezüglich Rahmenbedingungen: In einem Start-up ist Offenheit und Agilität sehr wichtig. Man muss offen sein, jeden Tag den Service und das Produkt anzupassen, wenn man neue Feedbacks von den Nutzern erhält. Man sollte
nicht blind sein und meinen, dass die eigenen Ansichten und Präferenzen auch diejenigen des Marktes widerspiegeln. Kundenbedürfnis steht im Fokus. Für ein Start-up sind natürlich des Weiteren niedrige Fixkosten extrem wichtig, daher sind subventionierte Coworking Spaces und Startup-Programme sehr interessant.»

Ein weiteres gutes Gründer / innen-Beispiel ist Dr. Danuta Cichocka: «Beharrlichkeit und Vertrauen in die Geschäftsidee sind entscheidend. Es dauert furchtbar lange, ein Start-up zu finanzieren, und die Konkurrenz ist extrem hoch. Man muss fest an eine Idee glauben und die Welt davon überzeugen, dass sie ohne die angebotene Lösung nicht leben kann. Es ist sehr schwierig, aber die Belohnung ist hoch.» Dr. Danuta Cichocka hat mit Resistell (entwickelt den schnellsten Antibiotika-Resistenztest) ein Unternehmen gegründet, das Team ausgebaut, einige Start-up-Preise abgeräumt und einige Millionen Investorengelder gefunden. Sie hat einen Organismus aufgebaut, der andere dafür begeistern und überzeugen konnte, Geld zu investieren, und der ein Produkt entwickelt, das zukünftig
eine Marktleistung erbringen wird. «Ich denke, dass dies bereits eine erfolgreiche unternehmerische Leistung darstellt», sagt Robert Sum. Er gibt noch zu bedenken, dass es allerdings auch «Puristen» gibt, die nicht unberechtigterweise sagen, dass wenn ein Unternehmen keine Marktleistung mit zahlenden Kunden erzielt, noch nicht von Erfolg gesprochen werden darf, sondern nur von Hoffnung.

Beste Rahmenbedingungen in Europa?
Und wie wichtig sind die Rahmenbedingungen? Die Greater Zurich Area zeichnet sich durch geballte Technologiekompetenz im stabilsten Umfeld Europas aus. Diese Meinung vertreten die Standortförderer und -vermarkter der Region nicht exklusiv. Weltweit führend bezüglich seiner Innovationskraft und der Gewinnung von Talenten, mit einem unternehmensfreundlichen Umfeld und der Stabilität und Verlässlichkeit der Schweiz, biete der Wirtschaftsraum Zürich international tätigen Unternehmen einen echten Mehrwert für ihre strategische Expansion. Seit mehreren Jahren gelte die Schweiz als Innovationsweltmeister in Bezug auf hochinnovative Forschung und Patentanmeldungen. Dies lasse sich auch mit Fakten und Zahlen belegen: Seit 2011 ist die Schweiz im INSEAD
Global Innovation Index die unangefochtene Nummer eins. Zudem ist Zürich nach dem Regional Innovation Scoreboard der wichtigste Hotspot für Innovationen innerhalb Europas. Der Clou sei, so sagen Expertinnen und Experten auf diesem Gebiet, dass die Greater Zurich Area sich in einer Art «Innovationsgeflecht» befinde, deshalb als «Hub» eine besonders bedeutende Rolle einnehme und so als entscheidender Treiber für die Innovationsstärke der Schweiz wirke.

Innovationskraft stärkt Gründermentalität
Aber: Der Wettbewerbsdruck auf die Schweiz und den Wirtschaftsstandort Zürich werde weiter steigen. Der Vorsprung Zürichs habe gemäss Fachexpertinnen und -experten nämlich über die letzten Jahre abgenommen. Deshalb sei eine noch bessere Vernetzung, wie dies der Innovationspark Dübendorf zum Ziel hat, wichtig. Im Bereich Vernetzung
passiert auch international sehr viel. Mit anderen Innovations-Hotspots der Welt arbeiten viele Forschungs- und Innovationszentren wie auch Unternehmen aus der Greater Zurich Area zusammen – so zum Beispiel mit der Start-up-Nation und dem Innovations-Hotspot Israel. Ein Beispiel: Erst kürzlich hat das israelisch-schweizerische Lean-Launchpad-Programm sechs ausgesuchte Jungunternehmen nach Israel geschickt, um praxisorientierte Lernerfahrungen im Bereich Start-up-Business zu sammeln. Drei dieser sechs extrem begehrten Plätze wurden an Unternehmen aus dem Raum Zürich vergeben: an Vay Sports (Zürich), Hidimaging (Winterthur) und Movement Sciences (Zürich). In der Schweiz sind neben der Grossregion Zürich im Bereich Innovationskraft und -dynamik das Tessin und die Regionen Lémanique, Espace Mittelland, Nordwestschweiz, Ostschweiz und Zentralschweiz als gut bewertet worden (Quelle: Handelszeitung).

www.startup-academy.ch/zurich/
www.greaterzuricharea.com
www.digitalemedienmappe.ch
www.moncrier.ch
www.seniorsatwork.ch

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