Christoph Graf ist im Sport-Recruitment tätig, als Spielervermittler und Manager. Er ist aber auch Analyst, Scout, Betreuer, Kontakt-Drehscheibe, Psychologe und Mentaltrainer von Profi-Mannschaftssportlern. Seine Tätigkeitsfelder sind Eis und Rasen – der umtriebige Zürcher betreut sowohl Eishockeyaner wie auch Fussballer – national und international.   

Am Anfang seiner sportlichen Karriere war Christoph Graf im Journalismus tätig – nach seinem Studium war er bis 1995 als stellvertretender Sportchef beim Zürcher Tages-Anzeiger, anschliessend bis 2004 Sportchef beim Blick / Sonntagsblick. Mit Dominic Senn gründete er dann die 4sports & Entertainment AG in Zug. Seit 2011 ist Christoph Graf alleiniger Inhaber von Graf Sports International mit Sitz in Wollerau SZ. Er gibt dem «Geschäftsführer» Zürich einen Einblick in die schillernde, für manche leicht diffuse Welt der Spielervermittler, das Recruitment im Profisport – und natürlich reden wir auch über Fussball und Eishockey, über Spieler und Clubs, die Chancen der Schweizer Fussball-Nati an der bevorstehenden WM in Russland.

«Geschäftsführer»: Christoph Graf, welches waren Ihre Beweggründe, vom Sportjournalismus in die Welt des Managements, der Spielervermittlung zu wechseln?
Christoph Graf: Ein so fundamentaler Wechsel war es ja nicht – ich bin schliesslich meiner Sportleidenschaft treu geblieben. Und in meiner jetzigen Tätigkeit geht es ebenso ums Beobachten und Analysieren wie im Pressewesen. Nach dem Millennium verlagerte sich der Journalismus immer mehr vom Print ins Internet. Das war für mich der Moment, wo ich die Chance packte, in mein jetziges Business zu wechseln. Ich wollte eine echte Challenge, quasi vom Start weg ein eigenes Projekt aufbauen, mich persönlich und beruflich weiterentwickeln.

Welche Skills braucht es, um als Spielervermittler und Manager erfolgreich Fuss zu fassen?
Viele meinen, es ist relativ easy, mal kurz einen Spieler vom einen zum anderen Club zu transferieren. Aber das sind natürlich völlig falsche Vorstellungen, an denen die allermeisten Neueinsteiger und Glücksritter scheitern. Sie lassen sich von den grossen Transfers mit dreistelligen Millionensummen blenden, welche international bekannte Spielervermittler wie Jorge Mendes oder Mino Raiola einfädeln und managen. Doch es braucht fundierte Kenntnisse, Erfahrung, Cleverness und Leidenschaft für den Sport. Und ein starkes Netzwerk sowie die Bereitschaft, 24 / 7 auf Draht zu sein. Manchmal geht es sehr schnell, müssen Entscheide innert Stunden gefällt werden. Doch dieses Adrenalin nehme ich gerne in Kauf – schliesslich habe ich meine grosse Leidenschaft Sport zum Beruf gemacht.

Sie vermitteln als einer der wenigen der Branche Fussball- und Eishockeyspieler. Müssen Sie je nach Sportart den berühmten Schalter umlegen?
Es gibt viele Sport-Agenturen, auch in der Schweiz, welche in zwei oder mehr Mannschaftssportarten tätig sind. Aber als Stand-alone-Guy bin ich schon eher die Ausnahme. Auch wenn ich im Eishockey Partnerschaften mit kanadischen und schwedischen Sportagenturen pflege, ist der Fussball grundsätzlich internationaler. Fussball ist lukrativer, der Markt umfassender. Benötigt der SC Bern einen Verteidiger, bieten eine Handvoll Agenten einen Spieler an. Ist hingegen Borussia Dortmund auf der Suche, stehen schon mal 200 Agenten auf der schwarz-gelben Matte.

Welche Spieler vertrauen auf Graf Sports International?
Im Fussball berate und vermittle ich hauptsächlich Spieler aus der Super-League, im Eishockey habe ich auch schon Schweizer Nationalspieler in die NHL vermittelt. Mit Namen bin ich eher zurückhaltend, das hat mit Diskretion und Vertrauen zu tun. Auf Trainerseite war ich für Lucien Favre tätig, für mich einer der akribischsten und besten Fussballtrainer
überhaupt. Doch er hat auch seine Macken, wie alle Ausnahmekönner im Sport (lacht).

Zu welchem Zeitpunkt werden die Spieler für Sie als Manager interessant, erfolgt der Erstkontakt, die Rekrutierung?
Die Juniorenarbeit wird immer zentraler und professioneller. Für mich als Spielervermittler ist das sehr wichtig, wird aber auch immer komplexer. Die entscheidende Phase für den Schritt Richtung Profi und Spitzensport ist im Juniorenalter von 15, 16 Jahren. Dann beginnt sich die Spreu vom Weizen zu trennen, sind die interessanten Spieler bereits auf meinem Radar. Da sollte ich mich auch auf mein Scouting-Netzwerk verlassen können. Dann muss es mir gelingen, das Vertrauen der jungen Spieler und jenes ihres Umfelds zu erlangen, sozusagen das Momentum einzufangen.

Wo und wie geniessen Junioren die beste Ausbildung und Entwicklung?
Wir Deutschschweizer schauen ja gerne nach Norden, in die Deutsche Bundesliga. Der Fussball ist schneller, körperbetonter, intensiver geworden. Red Bull Leipzig war für mich lange führend in Sachen Athletik, Analyse, Akribie und Systemtreue. Doch seit einem Jahr befindet sich der Benchmark in München: Das Nachwuchsleistungszentrum FC Bayern Campus lässt keine Wünsche offen. Auf einem 30 Hektar grossen Gelände bietet es seinen Junioren U9 bis U19 erstklassige Trainings- und Spielmöglichkeiten, betreut von Pädagogen, Ärzten, Sportpsychologen, Trainern. Das ist für mich die Zukunft im Ausbildungsbereich – so führt man Junioren Schritt für Schritt an die Profimannschaft heran.

Was ist das Geheimnis des Erfolgs auf Stufe Clubmanagement und Trainer?
Der Erfolg beginnt an der Spitze eines Clubs, wie in der Wirtschaft. Einer der erfolgreichsten Manager der Gegenwart ist Ramón Rodríguez Verdejo, genannt Monchi. In Sevilla entdeckte und förderte er spätere Weltklassespieler wie Dani Alves oder Sergio Ramos. Als Sportdirektor von AS Rom holte Monchi auf vergangene Saison Unay Emeri als Trainer in die Ewige Stadt. Monchi ist der Baumeister des Erfolgs. Und der Weg der Roma endete in der UEFA Champions League bekanntlich erst im Halbfinale, als sie knapp am FC Liverpool scheiterten. Zidane bei Real Madrid macht einen Superjob. Trainer wie Guardiola oder seinerzeit Sacchi glauben an ihr System, implementieren dieses auf die Spieler. Umgekehrt gibt es Trainer-Pragmatiker wie Carlo Ancelotti – er passt sein System den Spielern an.

Wie sieht das in der Schweiz aus, Fussball und Eishockey?
Die Berner Young Boys sind Schweizer Meister. Das ist kein Zufall. Ich kenne den YB-Sportchef Christoph Spycher von meiner Zeit an der Universität St. Gallen / HSG und auf Schalke, wo wir 2016 zusammen die Lehrgänge fürs CAS Sportmanagement absolvierten. Christoph ist ein intelligenter, überlegter Mensch – ein bodenständiger «Bärner Giu» mit Gefühl für die richtige Mischung einer Mannschaft. Er denkt und handelt strategisch, war schon als Spieler, unter anderem bei Bundesligist Eintracht Frankfurt, ein sicherer und stabiler Wert. Im Eishockey waren die ZSC Lions im Playoff-Finale gegen den HC Lugano obenauf. Die professionellste Organisation hat gewonnen: Von Präsident Walter Frey über
CEO Peter Zahner bis Sportchef Sven Leuenberger agiert man umsichtig und pragmatisch. Mit der grössten Nachwuchs-Organisation der Schweiz sind die ZSC Lions Pionier auf Juniorenstufe, ebenso mit dem Farmteam GCK Lions. So gesehen sind die Meister auf Rasen und Eis auch Meister im Management, auf jeden Fall in der Saison 2017/18.

Wie beurteilen Sie die Fussballsituation in Zürich, FC Zürich und Grasshopper Club?
Der FCZ wird monetär und auch emotionell geprägt vom Ehepaar Canepa. Ein Engagement mit viel Herzblut, welches ich bewundere. Ich hoffe, dass der Trainerwechsel von Uli Forte zum offensiven Spielsystem von Ludovic Magnin sich auszahlt, der Club bald wieder ganz vorne mitspielt. Auch GC hat bekanntlich den Trainer ausgetauscht. Murat Yakin, ein grossartiger Stratege, wurde wahrscheinlich Opfer der unwürdigen Grabenkämpfe in Management und Vorstand.

Die Fussball-Weltmeisterschaft in Russland steht vor der Tür. Das Schweizer Nationalteam hat selbstbewusste, hohe Ziele. Wie beurteilen Sie die Chancen?
Selbstvertrauen ist immer gut. Und auch ich werde mit den Eidgenossen mitfiebern. Doch schon der Weg ins Achtelfinale wird ein hartes Stück Fussball: Mit Brasilien hat man den vermeintlich schwersten Brocken als Auftaktspiel. Doch ebenso ist Serbien ein Fussball-Land mit grosser Tradition; als U20-Weltmeister 2015 werden sie mit hungrigen, talentierten Spielern unser Nationalteam fordern. Und Costa Rica? An der
WM 2014 in Brasilien scheiterten sie erst im Viertelfinale an Holland – ganz knapp, in einem dramatischen Elfmeterschiessen. Und dann steht mit Keylor Navas von Real Madrid einer der weltbesten Keeper im Tor. Den müssen Shaqiri, Xhaka und Co. erstmal überwinden.

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