Die Regenbogen-Studie der UBS für den beruflichen Umgang mit Älteren Mitarbeitenden hat weitflächig für Entrüstung gesorgt. Obwohl der Fachkräftemangel über alle Branchen hinweg zunehmend zum Problem wird, trägt die Grossbank die Idee vor, den Ü-50 unter anderem den Lohn zu kürzen. Sind Ältere Mitarbeitende wirklich weniger produktiv? Und wenn ja: Trifft dies auf Frauen ebenso wie auf Männer zu?

von Thomas O. Bayer

Aus wirtschaftlicher Sicht sitzen Frauen und Männer im selben Boot, wenn es um das Thema 50+ geht. Bei der Bewerbung haben beide kaum eine Chance, auch wenn sich die Bedingungen für Ältere Bewerber aufgrund des demographischen Wandels verbessert haben und wohl weiter verbessern werden. Wie sieht es mit über 50-jährigen Frauen aus, die noch fest im Job sitzen? Müssen sie sich wie ihre männlichen Kollegen 50+ Sorgen machen? Oder gibt es für Arbeitgeber gute Gründe, genau solche Frauen dazubehalten, ja zu fördern?

Aus der Sicht des Arbeitgebers gibt es im Generellen viele Gründe, auf Frauen zu setzen. Ein wichtiger Grund ist, dass ihre Wahrnehmung sich oftmals von der männlichen unterscheidet. Das heisst, dass sie eine andere Perspektive einbringen können, was insbesondere in innovativen Unternehmen sehr wertvoll ist. Weil Frauen von Natur aus empathischer und bescheidener sind, zeigen sie sich offen gegenüber neuen Ideen und Erfahrungen. Wenn man zuhören kann und andere Meinungen ernst nimmt, erkennt man auch Verbesserungsmöglichkeiten. Überlegt es man sich recht, sind Frauen eigentlich die besseren Chefs: Sie sind in der Regel extrovertierter, durchsetzungsfähiger und können deutlicher kommunizieren. Studien* zeigen ausserdem, dass Frauen besser darin sind, Ziele festzulegen, sie durchzusetzen und das Erreichte zu kontrollieren. Dies, weil sie meist methodischer und genauer vorgehen als männliche Chefs. Das Ergebnis erstaunt, gelten Männer doch als das pragmatischere Geschlecht. Unumstritten ist, dass Frauen tendenziell besser darin sind, auf ihre Mitarbeitenden einzugehen und Konflikte zu lösen. Nur in einem Punkt sind Männer die geeigneteren Chefs: Sie kommen besser mit Druck und Stress klar und sind emotional stabiler. In Anbetracht der Situation, dass die Wirtschaft heute noch immer von Männern beherrscht wird, zeigt die Studie, welch grosses ungenutzte Potential in den Frauen schlummert. Doch wie sehen dies eigentlich die Frauen selbst?

Viele Frauen um die 50 sind beruflich frustriert. Irgendwann zwischen 40 und 50 stossen sie an die gefürchtete gläserne Decke, anstelle von Förderung erfahren sie Begrenzung. Viele, die sich für eine Karriere entschieden haben, bezahlen in der Regel einen hohen Preis, der sich am Schluss ja doch nicht auszahlt. Im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen verzichteten sie auf Familie und Kinder, um den Weg für eine steile Karriere frei zu halten. Viele leisten exzellente Arbeit die von ihrem Unternehmen auch gewürdigt wird. Dennoch müssen sie erfahren, dass männliche Kollegen an ihnen vorbei befördert werden. Wenn sie mit 50 erkennen, dass es für sie im Unternehmen nicht mehr bergauf geht, planen nicht wenige von ihnen einen radikalen Kurswechsel. Jede Dritte hat innerlich bereits gekündigt. Ehrenamtliche Aufgaben und Stellen im dritten Sektor werden für sie dann interessanter. Die Eine oder Andere traut sich auch, ihr eigenes Unternehmen auf die Beine zu stellen. Die restlichen Frauen kämpfen weiter um Anerkennung und Aufstieg.

Schön, wenn Frauen den Weg in die Selbständigkeit wagen. Schade aber, wenn ihr Potential verkannt und sie den Top-Arbeitgebern verlorengehen. Frauen 50+ sind fleissig, sie haben viel Erfahrung und sie können sich durchbeissen. In diesem Alter sind ihre Kinder, falls sie denn welche haben, bereits ausgezogen, sie freuen sich auf die Arbeit und möchten etwas bewirken. Aus der Forschung weiss man, dass Frauen bereits im Kindesalter ein breitgefächertes Interessenspektrum entwickeln, während sich Männer meist mit viel Hingabe einem Schwerpunkt widmen. Gerade Frauen um die 50 sind daher geneigt, andere Facetten ihrer Persönlichkeit auszuleben, die sie bislang nicht einsetzen konnten. Damit will ich nicht sagen, dass Frauen in diesem Alter mehr Wert sind als Männer. Fakt ist aber: Frauen leben länger als Männer. Ob dies heisst, dass sie deshalb auch länger leistungsfähig sind, kann nicht abschliessend behauptet werden, es ist jedoch anzunehmen.

Bewerberinnen 50+ sollten sich nicht unter Wert verkaufen. Alleine aufgrund ihrer weiblichen Perspektive können sie die Aufmerksamkeit ihres (potentiellen) Arbeitgebers gewinnen, wenn sie darlegen können, dass daraus innovative und vielleicht ungewöhnliche Strategien entstehen können. Gerade weil Frauen anders sind und anders denken und führen, sind sie so wichtig für die Wirtschaft

www.bayer-consulting.ch

* Zur Studie: http://www.ey.com/Publication/vwLUAssets

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