Die Vision des Healthtechparks Zürich-Schlieren ist die Vermittlung von Wissen, Erfahrungen, Partnerschaften sowie Räumlichkeiten für Firmen im Bereich Healthtech (Medtech, Diagnostik und Digital Health). Junge Start-ups sowie aus Hochschulen ausgliedernde Gruppen profitieren von der Expertise etablierter Firmen zur konkreten und zielgerichteten Meisterung der Herausforderungen im Firmenaufbau und Marktzugang. Etablierte Firmen können sich ihrerseits von der Agilität und Innovationskraft der Jungfirmen inspirieren lassen. Im Grossraum Zürich ist ein bedeutender Nukleus für die Umsetzung von technologischen Innovationen entstanden, welche für Impulse auf nationaler und internationaler Ebene im Healthtech-Bereich sorgen.
GESCHÄFTSFÜHRER*IN ZÜRICH: Herr Leuthold, zuerst zwei Verständnisfragen: Was ist unter Healthtech – oder eben Gesundheitstechnologie – genau zu verstehen? Und wie unterscheiden sich Health- und Medtech?
Stefan Leuthold: Unter Healthtech versteht man die Teilbranchen Medtech, (Invitro-)Diagnostik, Biotech und den Digital-Health-Bereich, der als Medizinprodukt zugelassen wird. Beim Healthtechpark Zürich- Schlieren kümmern wir uns um die vorgenannten Branchen mit Ausnahme von Biotech, dies ist die Domäne des Bio-Technoparks.
Sie sind seit vielen Jahren auch Clustermanager des Healthtech- Clusters Switzerland. Woher rührt ihre Faszination für den Healthtech-Bereich?
Ja richtig, Healthtech fasziniert mich ungemein. Im Healthtech-Bereich ist die Schweiz bei den Innovationen Weltspitze. Ich bin immer wieder fasziniert von der Schaffenskraft hiesiger Firmen beziehungsweise Menschen – ich möchte diesen Austausch nicht missen.
Wie ist diese Innovationskraft der Healthtech-Branche denn einzuschätzen?
Wie verschiedene Rankings belegen, ist die Schweiz immer wieder «Innovationsweltmeister». Meist wird dieser Status durch die enorme Menge an Patenteinreichungen der Pharmaindustrie etwas verzerrt. Schaut man aber, welche cleveren Lösungen die KMU und hier auch die Start-ups in der Schweiz für die unterschiedlichsten Problemstellungen erarbeiten, dann kann man von einem echten Standortvorteil der Schweiz bei der «Brain Power» sprechen.
Wo sehen Sie die grössten Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Ideen?
Obschon der Healthtech-Bereich äusserst attraktiv ist, da es viele ungelöste Fragestellungen beziehungsweise auch Verbesserungen beim Status quo gibt, darf man sich vor den Herausforderungen bei den jeweiligen «Business Cases» nicht wegducken. Das ganze Themenfeld der «Vergütungen» durch die Krankenkassen und, damit verbunden, des Erfolgs im Absatz eines Produktes/einer Lösung ist äusserst komplex und für jedes Land, in dem eine Firma tätig sein will, zu lösen – also kurzum das Thema Reimburcement.
Gerade für Start-ups ist auch das Thema Risikokapital ein Dauerthema. Unsere Mentalität beim Investieren unterscheidet sich doch sehr stark von der amerikanischen. Man darf hier aber auch attestieren, dass die guten Projekte, welche eben ihre Konzepte belegen und Prototypen vorweisen können, durchaus an Venture Capital rankommen. Und last, but not least: Vielen gerade jungen Firmen bereitet das Thema Regulierung grosse Schwierigkeiten. Diese sind jedoch mit entsprechender Beratung und Begleitung lösbar.
Welche Ziele respektive welche Vision verfolgt der Mitte April in Schlieren eröffnete Healthtechpark?
Gemäss der «Cluster Studie Life Science Zürich 2021 / 2022» der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürich ist heute je nach Lesart ein Viertel bis ein Drittel der gesamtschweizerischen Medtech-Industrie im Kanton ansässig. Es kommen fast monatlich Projekte der ETH, Uni ZH, USZ und so weiter als Start-ups auf den Markt. Mit dem Healthtechpark Zürich-Schlieren schaffen wir einen Nukleus für die jungen Firmen, damit sie ein möglichst inspirierendes und zu Innovationen führendes Umfeld vorfinden. Wir orientieren uns am sehr erfolgreichen Bio- Technopark und adaptieren unsere Services für die spezifischen Herausforderungen der Medtech-, (Invitro-)Diagnostik- und Digital-Health(-tech)-Start-ups.
Wieso ist Schlieren der ideale Standort für den Healthtechpark?
Ganz klar, weil sich in Schlieren ein Ökosystem für Healthtech (Biotech) bereits etabliert hat und es auch Immobilienbesitzer beziehungsweise Landbesitzer gibt, die die spezifischen Bedürfnisse – gerade was Laborbau anbelangt – verstehen und unsere weitsichtige Denkweise teilen.
Wie viele Start-ups und etablierte Unternehmen haben sich bereits angeschlossen?
In der kurzen Zeit haben sich bereits 22 Unternehmen, vom Start-up bis zum etablierten Unternehmen, unserem Verein als Mitglieder angeschlossen. Wir sind sehr stolz darauf.
Von welchem Wachstum gehen Sie in den nächsten Jahren aus?
Unser Ziel ist es, eine stabile Basis an Firmen für den Verein zu gewinnen. So um die 100 Firmen sollten eine realistische Zielgrösse sein.
Von welchen Dienstleistungen profitieren die Mitgliedsunternehmen und -organisationen?
Wir richten unsere Services nach den Bedürfnissen junger Unternehmerinnen und Unternehmer. Unsere Überzeugung ist, dass bei jungen Unternehmen im Healthtech-Bereich vier wesentliche Bereiche gleichzeitig angegangen müssen, um Fortschritte zu erzielen. Ich nenne es das Healthtech-Puzzle: die klinische Relevanz, das passende Geschäftsmodell, die Beachtung der regulatorischen Herausforderungen und der Standort beziehungsweise das Standortnetzwerk. In allen diesen Bereichen bieten wir unsere guten Dienste an. Für die etablierten Firmen wie auch für die Startups sind dabei Networking-Events wichtig, auch solche organisieren wir.
Wie finanziert sich der Healthtechpark?
Der Healthtechpark Zürich-Schlieren ist als Verein organisiert und stützt sich dabei auf folgende vier Pfeiler: auf einen Staatsbeitrag des Kantons Zürich, einen Beitrag der Stadt Schlieren, die Mitgliedsbeiträge und Sponsoren.
Von welcher Entwicklung der Healthtech-Branche gehen Sie in den nächsten Jahren aus?
Nicht zuletzt durch die Pandemie hat die Gesundheitsbranche weiter an Fokus gewonnen. Es wurden zumindest hierzulande schonungslos Defizite im Bereich der Digitalisierung offengelegt. Zudem hat durch das vielfach verwendete «Schnelltesten», sei es durch einen Gesundheitsdienstleister oder sogar durch uns selbst, die personalisierte Diagnostik an
Schwung gewonnen. Letztlich geht der Trend in vielen Bereichen der medizinischen Diagnostik und Therapie hin zu mehr individualisierten Ansätzen – Stichwort personalized medicine.
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