«Geschäftsführer»: Herr Sterkoudis, erzählen Sie etwas über sich. Wer sind Sie, von wo kommen Sie und wie haben Sie den Weg zum Detailhandel gefunden?
Stelios Sterkoudis: Meine Familie ist ursprünglich aus Nordgriechenland. Aufgrund der schwierigen Lage nach dem Bürgerkrieg zog es meine Eltern in die Schweiz. Ursprünglich planten sie nach Deutschland auszuwandern, doch es gefiel ihnen so gut in Brugg, dass sie sich entschieden zu bleiben. Zur Schule bin ich nie gerne gegangen. Ich träumte von einer Fussballkarriere. Doch durch meinen Vater rutschte ich immer mehr in die Modewelt, denn nebst der Schule jobbte ich in seinem Kleidergeschäft. Mein Vater verhalf mir schliesslich zu einer Stelle bei der Fashion Group Corinus. Dort habe ich das tägliche Arbeiten in der Modebranche lieben gelernt. Mittlerweile gehört die Hälfte von Corinus mir. Seit 2006 bin ich der Importeur des holländischen Trendlabels Scotch & Soda und führe den Flagshipstore an der Rämistrasse in Zürich seit viereinhalb Jahren.

Und wie kamen sie auf Scotch & Soda?
Scotch & Soda kamen auf mich zu. Ich weiss auch nicht genau wieso. Mit Scotch & Soda konnte ich einen Traum von mir verwirklichen. Bis jetzt war ich nur im Wholesale tätig, doch der Traum eines eigenen Ladens verfolgte mich lange Zeit. Viele haben mir damals davon abgeraten, vor allem als sie erfuhren, wo das Ladenlokal vom Scotch & Soda Store sein sollte. Da sagten alle: «Jetzt spinnt er!» Und siehe da, vier Jahre später sind wir immer noch hier. Diesen Erfolg verdanke ich vor allem meinem Team. Ich bin wahnsinnig stolz auf sie und jeden Tag teilen wir Enthusiasmus und Freude an der Arbeit. Diese Freude geben wir auch an unsere Kundschaft weiter.

Wie differenziert sich Scotch & Soda von anderen Modelabels und welche Werte verkörpert die Marke?
Heute ist es schwierig, eine Kollektion zu entwickeln, die bei allen gut ankommt. Die Ansprüche sind extrem hoch aufgrund der schwierigen Wirtschaftslage. Die Gesellschaft hat Angst, kreativ zu sein. Früher war das anders. Heute kopieren viele anstatt zu kreieren. Doch bei Scotch & Soda ist es anders. Die Marke erfindet sich immer wieder neu und jedes Kleidungsstück ist einzigartig, versehen mit einem speziellen Touch. Sei es ein buntes Innenfutter oder eine Blumenstickerei am ­Ärmel – alles wird mit Liebe kreiert. Dadurch ist Scotch & Soda zum Liebling der modebewussten Leute geworden.

Haben Sie Einfluss auf die Kollektionen? Und wenn ja, in welcher Form?
Leider nicht mehr so wie früher. Scotch & Soda war einst ein familiengeführtes Business. Damals konnte ich viele eigene Vorschläge einbringen. Inzwischen wurde sie von einer Investorengesellschaft aufgekauft und alles läuft etwas anders ab.

Sie sagten einst, «Als Einkäufer darf man keine Angst haben und muss auch mal einen Schritt weiter gehen.» Wie lebt sich diese Einstellung auf ihr tägliches Business aus?
Ich vertrete die Meinung, dass man mutig durchs Leben gehen soll. Man soll Fehler machen, etwas wagen und mitspielen. In unserem Umfeld ist dies meist schwierig. Nehmen wir die Einkäufer als Beispiel. Sie müssen sich aufgrund der wirtschaftlichen Lage an sehr viele Vorgaben halten und ein gewisses Budget einhalten. Doch ich sage, wagt etwas. Kauft die crazy farbige Hose oder den Pullover mit dem wilden Printmuster ein. Seid frech und spielerisch!

Online Shopping ist ein Trend, der nicht zu bremsen ist. Wie hat das Internet die Modeindustrie und den Detailhandel beeinflusst und was ist Ihre Strategie für diese Entwicklung?
Leider ist es so, dass der Onlinehandel nicht zu stoppen ist. Ich bin ein grosser Gegner dieser Entwicklung und kämpfe allgemein gegen die «Geiz ist geil»-Mentalität. Ich verstehe Leute nicht, die etwas im Laden anprobieren und dann online das gleiche Stück für weniger Geld suchen. Onlineshopping macht den Handel auf den Strassen kaputt und immer mehr Boutiquen müssen schliessen. Eine persönliche Bedienung ist nicht ersetzbar mit ein paar Klicks im Internet. Loyalität ist ein tradi­tioneller Wert, welcher leider immer mehr verloren geht.

Wo liegt die Zukunft des Detailhandels in der Schweiz und was sind Ihre Ideen und Prognosen für die Zukunft?
Die Zukunft des Detailhandels sieht nicht rosig aus. Wir haben einen Überfluss an Kleidern und Läden. Der Onlinehandel macht alles noch schwieriger. Dazu kommt, dass viele nach Deutschland einkaufen gehen und somit den Schweizer Markt gefährden. Wenn dies alle tun würden, bedeutete dies der Tod für den Detailhandel in der Schweiz.

Sie führen ein Team bestehend aus 24 Personen. Nach welchem Führungsstil leiten Sie Ihr Team?
Ich behandle meine Mitarbeiter so, wie ich gerne behandelt werden möchte. Mein Team ist extrem frei und ich vertraue ihnen voll und ganz. Hätten sie von mir nicht freie Hand, könnten sie sich nicht entfalten. Wichtig ist auch, dass wir unseren Kunden etwas weitergeben können und etwas bewegen können. Auch wichtig für mich ist, dass alle gleich behandelt werden. Auch der Bonus ist für alle gleich, vom den Lagerist, über die Sekretärin bis zum Verkäufer. Denn um erfolgreich zu sein, müssen alle zusammen als Team arbeiten.

Was überrascht Sie an Ihrem Job?
In meinem Job kann ich nichts vorausplanen und ich muss immer wieder improvisieren, denn ich werde oft mit neuen Aufgaben konfrontiert. Doch das Schöne ist, ich begegne immer wieder Situationen, die mich zum Schmunzeln bringen. Die Vielseitigkeit im Job überrascht mich immer wieder aufs Neue. Dies gefällt mir.

Nebst einem Namen in der Modeszene haben Sie sich auch einen in der Partyszene von Zürich gemacht. Wie kam es dazu und wie wichtig ist Ihnen dieser Ausgleich?
Mein Bruder Seigi und ich sind in die Partyszene reingerutscht. Wir haben in Brugg eine Bar geführt, hatten zu wenig Platz und entschieden uns ein Partylabel zu gründen. Nach mehr als 22 Jahren sind wir immer noch da. Es hat mir schon immer Spass gemacht, Leute zusammenzubringen, zu bewirten und unterhalten und ihnen eine Freude zu bereiten. Ich denke, es liegt an unserem tollen Umfeld, dass wir solange überlebt haben. Für mich ist es ein super Ausgleich.

Auf einem persönlichen Level, was motiviert Sie jeden Tag? Aus was schöpfen Sie Kraft und Inspiration?
Jeden Morgen frühstücke ich mit meiner Tochter und meiner Frau. Das ist unsere Tradition und gibt mir Kraft. Die meisten Ideen und Inspirationen bekomme ich in den Ferien. Wenn ich in einem anderen Land bin, betrachte ich alles aus einem anderen Blickwinkel.

Weitere Informationen:www.scotch-soda.com

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