1996 marschierten Zürcherinnen und Zürcher, angeführt vom damaligen Stadtpräsidenten, übers Limmatquai. Die Proteste waren vergebens. Die Brauerei Hürlimann wurde geschlossen. 22 Jahre später lanciert in der Brauerei TurbinenBräu eine Hand voll Zürcher Produzierender zusammen mit der Dienstabteilung Stadtentwicklung die «Made in Zurich Initiative». 

Stadträtin Corinne Mauch eröffnet das Treffen mit den Worten: «Wenn wir uns um 8:00 Uhr in einer Bierbrauerei treffen, um eine Initiative zu lancieren, ist das kein 8:15 Setting.» Tatsächlich diskutierte man in den Neunzigern im Stadtrat darüber, die Gewerbezonenordnung obsolet zu machen und für potente Finanzdienstleister zu öffnen. Gemäss Mauch sind heute rund fünf Prozent der Bauzonen in der Stadt für den Werkplatz reserviert. Eine hoffnungsvolle Ausgangslage für den Werkplatz. Doch der Weg bleibt steinig.

Drei Jungunternehmer gründeten 1997 die Brauerei Turbinenbräu. Einer davon ist Adrien Weber: «Wir waren damals Konsumenten, und es war für uns wichtig, dass man weiterhin Bier aus Zürich trinken kann. Bier ist schliesslich identitätsstiftend.» In zehn Jahren läuft der Mietvertrag an der Badenerstrasse 571 aus. Es ist gemäss Müller das letzte eingeschossige Gebäude im Gebiet, und rundherum wird hochgeschossig gebaut und verdichtet. Der Druck wächst. 

Die Gebrüder Freitag haben mit Taschen aus Blachen die Welt erobert. Markus Freitag sitzt im Gründerteam der «Made in Zurich Initiative»: «Die Verlängerung des Mietvertrags für den Container-Turm stand auf der Kippe. Auf der Suche nach Alternativen mussten wir feststellen, dass es nicht viele Orte gibt.» 

Die Stadt kommt an Bord
Zusammen mit dem Immobilienentwickler Johannes Eisenhut ging Freitag mit der Idee eines «Made of Zurich Ortes» auf die Stadt zu, und sie erfuhren, dass die Förderung der urbanen Produktion im städtischen Strategiepapier festgeschrieben ist. Mauch: «Das Ziel sind bessere Rahmenbedingungen und eine verbesserte Sichtbarkeit. Wir engagieren uns bei Arealplanungen, und wir haben die Bewilligungspraxis für Produktionsbetriebe aktualisiert.» Es kam zum Schulterschluss. Pate stand die Initiative von Zürichs Partnerstadt San Francisco. 

Weitere Akteure
Wer kennt IVY? IVY steht für Handmade Swiss Leather Luxury. Ihre Accessoirs tragen Megastars wie Gwen Stefani, Kate Perry und Jeannette Jackson. IVY-Gründerin und «Made in Zurich Initiative» Mitglied Yvonne Reichmuth: «Wenn man in Zürich produziert, heisst das nicht, dass man nur hier verkaufen kann. Dank der Digitalisierung erreicht man die ganze Welt.» 

Moritz Güttinger produziert Espressomaschinen. Wo ZURIGA draufsteht, ist Zurigo drin. Der Name passe, meint Güttinger, obwohl es ihm am Anfang etwas unangenehm mit einem so grossen Namen war. Bescheidenheit ist eine Tugend der neuen Zürcher Machergeneration. Güttinger: «Wachstum ist uns nicht so wichtig. Wir wollen die Firma nicht rasch aufpumpen. Wir wollen sorgfältig etwas aufbauen, das die Emotionalität von Kaffee transportiert.» 

Nachhaltige Philosophie
Auch viel Bewusstsein für Nachhaltigkeit steckt in den Produkten Made in Zurich. Für nachhaltig bessere Rahmenbedingungen setzt sich die Direktorin Stadtentwicklung Zürich, Anna Schindler, ein: «In einer Stadt, die wächst, braucht es Güter, die auch hier produziert werden. Es braucht Reparaturwerkstätten. Wir setzen uns dafür ein, damit das a) erhalten bleibt und b) weiterhin Räume da sind, die preisgünstig sind und wo produziert werden kann. Deshalb haben wir die Initiative mitbegründet und unterstützen sie jetzt am Anfang recht stark, damit das Projekt zum Fliegen kommt.» 

Dafür braucht die Organisation Mitglieder. Wer darf Mitglied werden? Geschäftsführerin Gabriela Checherio antwortet: «Alle, die den Vereins­zweck unterstützen und das ist die Förderung der urbanen Produktion. Es gibt zwei Kategorien. Man kann Aktiv-Member werden mit Stimmrecht oder Supporter als Passivmitglied ohne Stimmrecht. Für Member ist der Beitrag 300 Franken und für Supporter 200 Franken pro Jahr.» 

Für die Stadträtin ist die urbane Produktion mehr als ein romantisches Modewort oder einfach Marketing. Der Werkplatz macht die Stadt vielfältiger, wirtschaftlich robuster und nachhaltiger. Es geht ihr um die Wertigkeit der Sachen, mit denen wir uns umgeben, die wir brauchen und die wir wertschätzen. Es geht ihr ums Bewusstsein, dass in einer Gesellschaft etwas fehlt, wenn die Werkbank nur noch am anderen Ende der Welt steht. 

Macher und Macherinnen
Die «Made in Zürich Initiative» ist eine Plattform, welche «urbane Produktivistinnen und Produktivisten» jeglicher Couleur vereinigt. Die Mitglieder sollen so vielseitig sein wie die Stadt Zürich, in der sie produktiv sind. Das lässt sich schon an den Mit-Macherinnen der ersten Stunde ablesen, die von Industrie- bis Insider-Produkten und von Handarbeit bis Hightech Schule für Kunst und Design, FluidSolids AG, FREITAG lab. ag, Genossenschaft Gleis 70, Pixelherz GmbH, Rebwerk GmbH, Schweizerische Bundesbahnen SBB, Senn Resources AG, Signito GmbH, Storymotion, TurbinenBräu AG, Werkstadt Zürich, YVY und ZURIGA AG (alphabetisch).

www.madeinzuerich.ch

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