Die Zukunft der Mobilität – wie wird sie aussehen? Welche Entwicklungen beeinflussen Wirtschaft und Gesellschaft, Individuen und Organisationen? Der Megatrend Mobilität beschreibt die Entstehung einer mobilen Weltkultur, die Veränderungen durch neue Produkte und Services sowie die künftige Nutzung von Verkehrsmitteln.
Erst in Zeiten des Stillstands zeigt sich die wahre Bedeutung der Mobilität, ihre Vielfalt und Alternativen, ihre Perspektiven und Bewertungen – das hat die Corona-Krise mehr als deutlich gemacht. Mehr denn je steht Mobilität nun im Zentrum des Wandels in Raum und Gesellschaft. Im Kontext der vernetzten (Wissens-) Gesellschaft entsteht dabei ein neues Mobilitätsparadigma, das dem Auto zunehmend seine Bedeutung als Statusobjekt nimmt: Künftig ist es nur noch ein integrierter Bestandteil unter vielen anderen in einem nahtlosen System – und dabei immer häufiger postfossil, vernetzt und (teil-)autonom.
Weg von der autozentrierten Stadt
Städte wandeln Strassen und Parkplätze für Autos zunehmend in öffentliche Räume der Mobilität um: Der Strassen- und Parkraum für Autos wird reduziert, Radwege und Bürgersteige werden ausgebaut und gemeinsam mit dem öffentlichen Verkehr priorisiert. Dieser Trend zur Road Diet – der Verschlankung urbaner Strassen zugunsten von Fahrradfahrern und Passantinnen sowie öffentlichen Verkehrsmitteln – gewann während der Corona-Krise stark an Dynamik. Immer mehr wandeln sich Verkehrsräume damit in Möglichkeitsräume für Mobilität. Die Gleichbehandlung verfügbarer Flächen sowie ein Rückbau der autozentrierten Stadt erhöhen die urbane Lebensqualität: Lebens-, Wohn- und Arbeitsräume werden attraktiver und gesünder und verschmelzen miteinander. Mobilität steht im Zentrum dieser Transformation, als Bindeglied am Übergang vom fossilen zum postfossilen Zeitalter, von der lauten zur leisen, von der unsicheren zur sicheren Stadt.
Der Umbau der Städte schafft insbesondere sicheren Raum für Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer. Dabei offenbart der Bike-Boom zugleich neue Konzepte von Fahr- und Lastenrädern. E-Bikes werden günstiger und leichter, die Batterien verfügen über immer grössere Reichweiten und die Nutzungskonzepte sind darauf ausgelegt, dass Batterien bei abnehmender Leistung schnell und unkompliziert getauscht werden können. So wird technischen Ungewissheiten und Unzulänglichkeiten proaktiv begegnet. Städte mit topografischen Herausforderungen, vor allem Steigungen, profitieren dabei besonders stark vom Trend.
Auch für Pendlerinnen und Pendler werden E-Bikes zunehmend zu einer attraktiven Alternative, denn dank elektromotorischer Unterstützung können sie leichter vom Auto aufs Fahrrad umsteigen. Die Fahrradbranche differenziert sich immer weiter aus, künftig wird jede Nische mit einem Angebot versehen. Zweit- und Dritträder werden zum neuen Standard, in diesem Zuge professionalisiert sich auch der Gebrauchtfahrradmarkt. Neben dem Besitz werden zudem Sharing, Leasing und Abonnements reüssieren. Was der Automarkt vorgemacht hat, wird von der Fahrradbranche erfolgreich fortgeführt.
Zukunftsmarkt Shared Mobility
Ob Autos, Lastenräder, Mopeds oder Roller: Das Angebot an Shared Mobility ist immens und wird weiterwachsen. Die Corona-Krise hat gezeigt, dass das Angebot vor allem räumlich ausgeweitet werden muss. Während in den Stadtzentren nahezu alle Mobilitätsoptionen verfügbar sind, nimmt das Angebot in Richtung der urbanen Ränder immer weiter ab, bedingt durch eine zu geringe stabile Kundennachfrage. Die kommenden Jahre werden von einer Konsolidierung der Märkte geprägt sein, mit Geschäftsaufgaben und Übernahmen. Anschliessend werden die grossen Anbieter auch eine regionale Ausweitung der Dienste herbeiführen.
Dass Shared Mobility in dieser nächsten Phase ubiquitär zur Verfügung stehen wird, folgt zugleich dem übergreifenden Trend der Regionalisierung: Nicht mehr nur die Zentren werden mit immer mehr Optionen versorgt, sondern zunehmend auch die Ränder, zumal sich dort die Immobiliennachfrage der Zukunft konzentriert. Dann erst werden Shared-Mobility- Angebote ihre vollen Potenziale der flexiblen und unabhängigen Mobilität entfalten – und den Besitz von Verkehrsmitteln immer weniger relevant erscheinen lassen.
Shared Streets, Slow Travel
Shared Mobility verändert auch den Flächenverbrauch, indem zum Beispiel weniger Raum für Parkplätze zur Verfügung stehen muss. Das Stadtbild der Zukunft wird geprägt sein von Shared Streets, die Radfahren, Zufussgehen, soziale Aktivitäten, Parkplätze und lokalen Autoverkehr kombinieren, um einen gemeinsamen öffentlichen Raum zu schaffen. Indem die strikte Separierung von Kraftfahrzeugen, Passanten und Radfahrerinnen aufgehoben wird, entsteht ein gemeinsames und lebendiges Strassenbild. Davon profitieren nicht nur die Anwohnerinnen und Anwohner, sondern auch der Einzelhandel – und sogar die Autofahrerinnen und -fahrer. Denn in einer Stadt, in der Infrastrukturen geteilt werden, gleichen sich auch die Geschwindigkeiten an.
Der Trend zum Slow Travel wird um eine weitere Dimension ergänzt: um die ganz bewusste Erfahrung, mobil sein zu können. Spätestens mit den Lockdowns der Corona-Krise merkten viele Menschen, dass Schnelligkeit und Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit keinen Wert mehr haben, wenn die gesunde Lebensführung darunter leidet. Tempolimits auf Autobahnen und die Einführung von Tempo 30 in Städten als Regelgeschwindigkeit werden künftig allgegenwärtig sein und achtsame Mobilität immer bedeutsamer machen.
Unabhängig von Krisenzeiten erleichtert das Wissen um alternative Angebote auch den bewussten Wechsel – oder den Verzicht – auf bestimmte Mobilitätsformen. Digitale Angebote unterstützen diesen Wandel: Wie voll ist die Bahn? Wo stehen mir noch Sitzplätze zur Verfügung? Welche Alternativen in der Routenführung kann ich nutzen? Die mobile Gesellschaft der Zukunft versteht die Anforderungen des Reisens, hat die notwendigen Informationen zur Hand und weiss sie zum persönlichen Wohl – und dem der Umwelt – einzusetzen. Diese Perspektive wird durch die digitale Mobilität geöffnet und genutzt und ist hochattraktiv.