Die Energiewende benötigt mehr Investitionen in erneuerbare Energiequellen wie Solar- und Windkraft. Gleichzeitig suchen Investoren nach mehr Sicherheit. Diese beiden Anforderungen können zunehmend auch ohne Subventionen erfüllt werden – durch langfristige Verträge, die als Power Purchase Agreements (PPAs) bekannt sind. Laurent Nanzer, Leiter des Origination-Geschäfts in der Schweiz, und sein Team sind auf solche komplexen Geschäftsmodelle spezialisiert.
Die grösste alpine Solaranlage der Schweiz, AlpinSolar, ist ein solches Projekt, das die Bedeutung von PPAs verdeutlicht. Sie liefert jährlich 3,3 Gigawattstunden klimafreundlichen Strom, die Hälfte davon im Winter, und stellt somit einen wichtigen Beitrag zur Energiewende dar. Das Projekt wurde dank innovativen Denkern wie Laurent Nanzer realisiert, der die Vielfalt und Dynamik des Energiesektors fördern möchte.
AlpinSolar ist ein gutes Beispiel dafür, wie Axpo langfristige PPAs einsetzt. Für dieses Projekt hat Axpo einen langfristigen Vertrag mit Denner, einem Schweizer Discounter, abgeschlossen. Denner bezieht den Solarstrom während 20 Jahren zu einem festen Preis. Dies bietet Investitionssicherheit und ermöglicht gleichzeitig den Bezug von Strom aus erneuerbaren Ressourcen.
Trotzdem stellt Laurent Nanzer fest, dass die Energiewende weiterhin von regulatorischen Hürden und Einsprachen in der Schweiz behindert wird. „Investoren weichen ins Ausland aus, weil dort die regulatorischen Hürden tiefer sind“, erklärt er. Ein massiver Ausbau von Solar- und Windenergie in der Schweiz wäre nicht nur ein wichtiger Beitrag zur Energiewende, sondern würde auch zur Versorgungssicherheit des Landes beitragen.
Neben PPAs umfasst das Origination-Geschäft von Axpo auch andere spezialisierte Dienstleistungen und Produkte. Jährlich verwaltet Axpo eine installierte Leistung von rund 16 TWh an erneuerbaren Energien in Europa, Asien und den USA. Laurent Nanzer erklärt, dass die Origination beispielsweise die Sicherung des Strom- oder Gaspreises für Unternehmen, das Management der Ausgleichsenergie für Investoren von Windparks oder den Energieeinkauf für international tätige Unternehmen umfasst.
Wachstumschancen durch PPAs
Power Purchase Agreements (PPAs) stellen ein wesentliches Instrument im Kampf gegen den Klimawandel dar und erweisen sich als eines der bedeutendsten Wachstumsfelder im Energiesektor. PPAs haben sich, angesichts reduzierter oder gänzlich gestoppter staatlicher Förderungen sowie stark gesunkener Kosten bei neuen Anlagen, wie Wind- oder Solarkraft, in weiten Teilen Europas zu einem Megatrend entwickelt. Solche Verträge ermöglichen die Realisierung von Projekten zur Produktion grüner Energie ohne staatliche Subventionen, was die Energiewende vorantreibt und den Klimawandel bekämpft. Viele Projekte würden ohne PPA nie Wirklichkeit werden.
„In vielen Ländern, in denen Axpo aktiv ist, suchen Investoren und Produzenten von erneuerbaren Energien verstärkt nach Stromabnehmern, die ihren Projekten Investitions- und Preissicherheit geben“, erläutert Domenico De Luca, Head Trading & Sales bei Axpo. „Gleichzeitig streben immer mehr energieintensive Industrieunternehmen danach, langfristig Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu beziehen. PPAs treiben daher die Energiewende voran und Axpo spielt eine wichtige Rolle bei der Vermittlung zwischen Produzenten und Verbrauchern. Dieses Geschäft werden wir in Zukunft weiter ausbauen.“
Als Teil ihrer „Ambition 2030“ hat Axpo sich das Ziel gesetzt, das Volumen ihrer langfristigen Abnahme- und Lieferverträge für Strom aus erneuerbaren Energien bis 2030 deutlich auszubauen. Aber wie gross wird das Potenzial für PPAs in den kommenden
Jahren sein?
Der EU Green Deal hat ambitionierte Ziele für 2030 gesetzt: eine Reduzierung der CO2-Emissionen um 55 Prozent und eine Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien am Energiemix um 32 Prozent. Basierend auf den ENTSOE-Szenarien für 2022 hat Axpo berechnet, dass im Schnitt jedes Jahr Windparks und Solaranlagen mit einer installierten Leistung von 60 Gigawatt errichtet werden müssen, um die Green-Deal-Ziele der EU für 2030 zu erreichen. Das entspricht einer Steigerung der installierten Leistung um 270 Prozent. Investoren und Produzenten von grünem Strom sind daher zunehmend auf der Suche nach Abnehmern, die ihren Projekten Preisstabilität bieten können. Im Gegenzug streben immer mehr Unternehmen die Nutzung erneuerbarer Energie zur
Dekarbonisierung an.
Die Situation mit PPAs in der Schweiz ist etwas anders. Aufgrund der Mischung von Kern- und Wasserkraft sowie einer sehr überschaubaren Anzahl an grossflächigen Wind- und Solaranlagen gab es bisher nur wenige Möglichkeiten für PPAs in der Schweiz. Anfang 2021 schloss Axpo das erste PPA in der Schweiz für AlpinSolar, die grösste alpine Solaranlage des Landes, ab. Denner wird den Solarstrom im Rahmen eines langfristigen Corporate PPA für 20 Jahre beziehen. Ohne das PPA wäre das Projekt in den Glarner Alpen nie
zustande gekommen.
„Der PPA-Markt in der Schweiz steckt im Vergleich zu anderen europäischen Ländern noch in den Kinderschuhen“, erklärt Domenico De Luca. „Wir sehen jedoch eine stetig wachsende Nachfrage, insbesondere von energieintensiven Industrieunternehmen, die ihren Stromverbrauch aus erneuerbaren Energien beziehen möchten. Axpo steht bereit, um diese Unternehmen zu unterstützen.“
In Skandinavien und auf der iberischen Halbinsel sind PPAs seit vielen Jahren weit verbreitet. In anderen europäischen Ländern, wie Polen, Frankreich, den Benelux-Ländern, UK oder Italien, werden zunehmend mehr PPAs abgeschlossen. Deutschland war lange Zeit kein attraktiver Markt für PPAs, dies änderte sich jedoch mit dem Auslaufen der EEG-Förderung für zahlreiche Anlagen Anfang 2021.
Der PPA-Markt für Photovoltaik-Anlagen im Wandel: Interview mit Janosch Abegg von Axpo
Der Markt für Power Purchase Agreements (PPAs) für Photovoltaik-Anlagen steht vor diversen Veränderungen. In einem Interview spricht Janosch Abegg, Senior Originator bei Axpo, über die kürzlich eingeführten Festpreis-PPAs, die aktuellen Ausschreibungserlöse und die Debatte um den EU-Energiemarkt.
Abegg erläutert, dass bei einem Festpreis-PPA ein fixer Fahrplan vereinbart wird, der bestimmt, welche Menge an Strom der Kunde in jeder einzelnen Stunde der Laufzeit erhält. Dieses Profil entspricht dem typischen Erzeugungsmuster einer deutschen Solaranlage, wobei wetterbedingte Fluktuationen nicht berücksichtigt werden. „Das vereinfacht den Abschluss von PPAs für viele Industriekunden und deren Stromversorgung“, sagt Abegg.
Laut Abegg müssen sich Industriebetriebe somit nicht mehr mit Vorhersagen und Prognosen beschäftigen und können besser planen. Sie wissen genau, wann sie wie viel Strom und Herkunftsnachweise aus dem PPA bekommen und wieviel sie noch zusätzlich beschaffen müssen. „Man kann gar nicht überschätzen, wie wichtig die höhere Planungssicherheit für diese Unternehmen ist“, betont Abegg. Für Solarstromerzeuger ändert sich dabei nichts. Sie schliessen einen normalen “As-Produced-Vertrag” ab und jede Megawattstunde, unabhängig vom Produktionszeitpunkt, bekommt einen fixen Preis.
Auf die Frage, ob das Modell der festen Fahrpläne auch für Solarstromproduzenten eingeführt werden könnte, antwortet Abegg: „Ja, genau. Das wäre zumindest eine logische Weiterentwicklung. Durch diesen fixen Fahrplan kann man viel mehr Industriekunden für das PPA-Thema interessieren.“ Allerdings bleiben dabei bestimmte Risiken bei Axpo, etwa die Abweichungen zwischen der tatsächlichen Erzeugung und dem vorher definierten Fahrplan. Axpo bewertet und übernimmt diese Risiken, es sei aber denkbar, dass der Produzent zumindest einen Teil dieser Risiken für bessere PPA-Konditionen
übernehmen könnte.
Es gibt aktuell ein grosses Angebot an Photovoltaik-Projekten, die allerdings meist zunächst eine EEG-Vergütung anstreben, da diese über 20 Jahre hinweg attraktiver ist als ein PPA. Für Projekte, die keinen EEG-Zuschlag erhalten haben oder die ihre Konditionen für eine kürzere Laufzeit optimieren möchten, kommen PPAs jedoch in Betracht.
Die Zukunft der Power Purchase Agreements: Auswirkungen von Politik und Markt
Die Debatte um die Produktion von Modulen in Europa und die damit verbundenen höheren Strompreise wird fortgesetzt, wobei die Frage, ob es ein Interesse auf der Abnehmerseite gibt, Strom aus einem Photovoltaik-Park zu beziehen, der mit europäischen Modulen gefertigt wurde, noch ungeklärt bleibt.
In Brüssel werden aktuell Änderungen des Energiemarktes diskutiert, wobei der Wunsch nach Veränderung gross ist. Es gilt, die richtige Balance zwischen drei Zielen zu finden: einem liquiden Terminmarkt für Strom, der Förderung von PPAs und der Verbesserung der bestehenden Fördersysteme. Ein neuer Ansatz sind die sogenannten Contracts for Differences (CfD), die allerdings im Widerspruch zu PPAs stehen könnten und den aufkeimenden PPA-Markt möglicherweise erheblich beeinträchtigen könnten.
Ein möglicher Ausweg könnte die Einführung von Preiskorridoren bei der Umstellung auf CfDs sein. Bei Strompreisen, die einen bestimmten Mindestpreis unterschreiten, könnten Produzenten eine Förderung erhalten. Überschreiten die Strompreise einen deutlich höheren Maximalpreis, müssten sie Gewinne abführen. Innerhalb dieser Preisspanne, die möglicherweise 30 bis 40 Euro pro Megawattstunde betragen könnte, wäre der Abschluss eines PPAs weiterhin sinnvoll. Dies könnte ein möglicher Kompromiss sein. Ein Preisfenster von vier Cent pro Kilowattstunde könnte ausreichen, um den Unterschied für den Entwickler und seine finanzierende Bank spürbar zu machen.