Schlafen im Schweizer Wald, zwischen Delfinen, sich wie ein Astronaut fühlen oder wie ein Bergsteiger in den Schweizer Alpen: Jedes Capsule Hotel bietet eine eigene Erlebniswelt.
GESCHÄFTSFÜHRER*IN ZÜRICH: Herr Vreeke, Sie haben am Flughafen Zürich das neue «Capsule Hotel» eröffnet, das grösste «Kapselhotel» in Europa. Welche Gäste sprechen Sie damit an?
Adrie Vreeke: Unser Zielpublikum besteht mehrheitlich aus Alleinreisenden, die vor einem frühen Abflug oder nach einer späten Ankunft eine angenehme und bezahlbare Möglichkeit zum Übernachten direkt am Flughafen suchen. Wir haben aber festgestellt, dass die Klientel von A bis Z durchmischt ist. So hatten wir Gäste, die über mehrere Tage bei uns gebucht haben, um die Stadt zu entdecken, Familien, die das Ganze als Erlebnisausflug gebucht haben, oder auch Mitarbeitende des Flughafens, welche nach einer Spätschicht zu müde waren, um noch nach Hause zu fahren.
Wie vielen Gästen bietet das Hotel denn Platz?
Das Hotel bietet Platz für 144 Gäste. Auf einer Fläche von 1 100 Quadratmetern sind die Kapseln auf acht Räume aufgeteilt. Zwei unserer Zimmer sind «female only»-Räume und eine unserer Kapseln ist ausserdem für Gäste mit einem Rollstuhl zugänglich.
Wie sieht die erste Bilanz aus?
Wir können eine sehr positive Bilanz ziehen. Mit dem vermehrten Passagieraufkommen rechnen wir weiterhin mit einem positiven Anstieg unserer Buchungszahlen. Wir freuen uns auf die kommenden Monate und sind zuversichtlich, dass wir demnächst zum ersten Mal eine Nacht ausgebucht sein werden.
Wie definieren Sie das Konzept der Capsule Hotels, wie Sie sie in der Schweiz auch in Basel und Luzern betreiben?
Die Capsule Hotels stellen eine Revolution in der Hotellerie dar. Auf kleinstem Raum und nahezu vollständig digitalisiert bieten Capsule Hotels eine neue Art von Unterkunft mit der Mission, die Welt für alle zugänglich zu machen. Wir maximieren den Gemeinschaftsraum für grossartige Erlebnisse und optimieren den Schlafraum für einen erholsamen Schlaf. Jedes Hotel hat eine eigene «Erlebniswelt». So ist zum Beispiel in Basel alles der Unterwasserwelt gewidmet, in Luzern lautet das Thema «The LAB» und am Flughafen Zürich arbeiten wir mit dem jungen Schweizer Fotografen Fabio Zingg, der uns die alpine Welt durch seine Fotografie näherbringt.
Welche Rolle spielt das Design generell?
Eine sehr grosse, beginnend beim Design der Kapseln, aber natürlich auch beim Design des gesamten Hotels. Da jedes unserer Hotels eine eigene Themenwelt bietet, verleiht das dem Gast eine besondere Atmosphäre und viel Abwechslung. Es ist uns sehr wichtig, dass sich unsere Gäste wohlfühlen, und ich denke, das spiegelt sich bei uns stark im Design und der damit verbundenen Atmosphäre wider. Auch wenn sich unsere Designs von Standort zu Standort ändern, wird sich unser Gästeerlebnis immer auf die drei Schwerpunkte sicher, fair und gemütlich fokussieren.
Wie kann man sich diese Kapseln vorstellen? Was erwartet Ihre Gäste?
Die abschliessbaren Kapseln sind mit einer Qualitätsmatratze (90 mal 210 Zentimeter) und Schweizer Qualitätsbettwäsche ausgestattet. Ausserdem besitzt jede Kapsel einen USB- und Stromanschluss, eine individuelle Belüftung sowie eine kleine Ablage, einen Spiegel und dimmbares Licht. Die Kapseln sind mit knapp zwei Quadratmetern optimal für einen
erholsamen Schlaf ausgelegt. Die individuellen Bilder sorgen zudem für eine gemütliche Atmosphäre, welche jede Übernachtung zu einem besonderen Erlebnis macht.
Und in welchem Preisrahmen lässt sich an den verschiedenen Standorten übernachten?
Generell kann man sagen, dass Luzern und Basel etwas günstiger sind als die Unterkunft am Flughafen Zürich. Momentan liegen die Preise am Flughafen bei ungefähr 65 Schweizer Franken pro Nacht. Auf unserer Homepage sind die aktuell gültigen Preise immer gelistet.
Die Capsule Hotels weisen einen hohen Automatisierungsgrad auf. Schildern Sie uns doch ein typisches Check-in.
Am Tag der Anreise erhält der Gast eine E-Mail mit der Möglichkeit, das Check-in bereits vor der Anreise online durchzuführen. Natürlich kann auch vor Ort eingecheckt werden. Dafür haben wir bei jedem Eingang der Unterkünfte einen sogenannten Self-Check-in-Kiosk installiert, wo man sich mit einem Tablet selbst einchecken kann. Alle Informationen
für das Check-in befinden sich jeweils in der Bestätigungs-E-Mail des Gastes. Um das Check-in zu beenden, muss der Gast wie in jedem Hotel seine persönlichen Angaben hinterlegen und unterschreiben. Sobald das Check-in durchgeführt wurde, erhält der Gast per E-Mail seine Capsule-Nummer sowie den individuell generierten Code, um die Capsule zu öffnen. Der Gast hat so die Möglichkeit, direkt in seiner Capsule schlafen zu gehen, ohne mit jemandem in Kontakt zu treten.
Wo werden die einzelnen Kapseln produziert?
Wir sind sehr stolz darauf, dass sich die gesamte Produktion der Kapseln in der Schweiz befindet. Das Modell, wie wir es jetzt anbieten, wird in Schaffhausen produziert.
Ein optimierter Schlafraum verlangt fast nach maximierten Gemeinschaftsräumen. Was haben Ihre Hotels da zu bieten?
Das ist von Standort zu Standort verschieden. In Basel sind die Capsules in das bestehende und hybride Hotelkonzept vom Hyve integriert. Das Hyve bietet neben Hotel, Hostel und Co-Living auch Co-Working, Yogaräume, einen grossen Gemeinschaftsraum, in welchem Locals und Gäste aufeinandertreffen, Café und Bar sowie weitere Gastro-Angebote an. In Luzern ist der Standort in den Co-Working-Space Hirschengraben integriert. Dazu gehört ein Gemeinschaftsraum mit kleiner Küche und – wenn man Glück hat – einer wundervollen Sicht auf der Dachterrasse über die gesamte Stadt.
Am Flughafen ist das Konzept natürlich eher auf An- bzw. Abreisende ausgelegt. Deshalb haben wir ein Spa mit zwei Whirlpools installiert, in dem die Gäste sich entspannen und vor oder nach einer stressigen Reise zur Ruhe kommen können. Ausserdem bietet der Living Room gute Optionen, um mit gleichgesinnten Reisenden ins Gespräch zu kommen.
Konzentrieren Sie sich auf den Schweizer Markt oder ist auch eine Expansion ins Ausland angedacht?
Wir sind davon überzeugt, dass unsere Vision und Mission mit den Capsule Hotels nicht nur für den Schweizer Markt geeignet sind, sondern in einem weitaus breiteren Spektrum Anklang finden werden. Wir beschränken uns nicht bloss auf den Schweizer Markt und ermöglichen Interessenten, mit unserem Angebot ihr eigenes Capsule Hotel zu eröffnen. Zurzeit gibt es mögliche Interessenten in Deutschland, Holland, Österreich, Spanien und Luxemburg.
Das Konzept der «Kapselhotels» stammt ursprünglich aus Japan. Was hat Sie dazu inspiriert, die «Schlafboxen» hierzulande zu lancieren?
Die Idee entstand in einer Brainstorming-Session zur Neuplanung eines bestehenden Gebäudes in der Luzerner Innenstadt. Mit der Inspiration aus Japan, den immer mehr werdenden Tiny-Häusern und dem Knowhow im Interieur Design und der Hotellerie war die Idee geboren: Lasst uns ein Pilotprojekt für ein Capsule Hotel in der Schweiz starten – als Antwort auf die Nachfrage von Alleinreisenden mit kleinem Budget, die während der Übernachtung mehr Privatsphäre und Sicherheit bevorzugen, aber trotzdem die Möglichkeit haben wollen, andere Leute mit den gleichen Vorstellungen zu treffen. Zuerst haben wir mit Capsules das Konzept getestet, welches, wie man heute sieht, definitiv funktioniert. Leider konnten die Kapseln beim europäischen Komfortstandard nicht mithalten, weshalb wir dann in die Entwicklung und Produktion unserer eigenen Swiss Capsules investiert haben. Die Swiss Capsules werden nun von einem unserer Partner in Schaffhausen produziert.
www.capsulehotel.ch
www.moneycab.com