Bereits den 120. Geburtstag feiert das Zürcher Interior-Design-Unternehmen Zingg-Lamprecht dieses Jahr. Stan Novakovic, ehemaliger Unternehmensberater und Firmengründer, ist seit 2014 Inhaber und seit 2020 auch CEO der Firma und hat zum Jubiläum diesen Frühling mit zwei neuen Showrooms in Erlenbach ein echtes Kompetenzzentrum für Innenarchitektur eröffnet. Wir haben mit ihm über das Erbe und die Entwicklung der Marke sowie über die Bedeutung von Räumen in der Zukunft gesprochen.
Geschäftsführer*in Zürich: Sie sind seit 2014 gemeinsam mit Ihrer Frau Inhaber von Zingg-Lamprecht. Was reizte Sie, das Traditionshaus zu übernehmen?
Stan Novakovic: Gerade weil es ein Traditionshaus mit einer grossartigen Geschichte ist, reizte es mich. Zudem gehört Zingg-Lamprecht im Grossraum Zürich als Marke für mich zu den Ikonen. Als Unternehmer glaubte ich ein grosses Potenzial zu erkennen, diese Firma im Sinne eines stets familiengeführten Unternehmens weiterzubringen.
Wie gestaltete sich der Einstieg in eine neue Branche für Sie?
Das Grossartige an dieser Marke ist, dass sie eben grossartig ist – und dies schon lange vor mir war. Dieses Erbe bringt aber auch die Herausforderung mit sich, die Leistung der vergangenen Jahre stets zu verteidigen und gleichzeitig weiterzutragen. Gut zuhören, viel nachfragen und Fachwissen aufbauen war anfangs notwendig, um eine kluge Strategie für die Zukunft entwickeln zu können.
Welche Herausforderungen treiben Sie als Geschäftsführer zurzeit um?
Die Situation mit Pandemie, Rohstoffknappheit, Störungen in den Lieferketten und nun auch noch der Krieg in der Ukraine stellten uns bereits jetzt vor die eine oder andere Herausforderung. Darauf gilt es sich einzustellen und vorbereitet zu sein. Die Organisation halten wir permanent fit, wir entwickeln uns weiter und stärken gleichzeitig unsere eigene Identität. Dafür haben wir ein Team aufgestellt, das diese Herausforderungen meistert. Die Mitarbeitenden sind der Schlüssel zum Erfolg. Gleichzeitig arbeiten wir an unserer Relevanz als Handelshaus. Denn waren Unternehmen wie wir früher das alleinige Tor zur Inspiration, stehen heute unserer Kundschaft und der Branche ein Vielfaches an Informationskanälen zur Verfügung. Eine der Konsequenzen daraus ist der schleichende Margendruck.
Zingg-Lamprecht richtet sich mit hochwertigen Produkten und Marken sowie professioneller Planung von Designprojekten an Private wie an Firmen. Wer ist Ihre Kundschaft?
Die beiden Geschäftsbereiche unterscheiden sich deutlich. Da ist auf der einen Seite die Privatkundschaft, die sogenannten «Satisficer», denen wir helfen, ihre Träume zu erfüllen. Auf der anderen Seite haben wir die Firmenkund*innen, die «Maximizer». Deren Entscheidungsprozesse gestalten sich generell rationaler und Kaufentscheide basieren beispielsweise auf Themen wie Stapelbarkeit von Mobiliar oder gesetzlichen Vorschriften. Sind wir im privaten Bereich ausschliesslich im gehobenen Preissegment unterwegs, ist das Spektrum an Marken und Investitionen für Unternehmen viel diversifizierter. Grundsätzlich bieten wir allen unseren Kund*innen neben unserem Portfolio den Zugang zu unglaublich viel Wissen – auf Produktebene wie auch für die Raumgestaltung. Die beste aller Möglichkeiten – das ist unser Versprechen, das es stets einzulösen gilt.
Wo sehen Sie das grösste Potenzial für ein KMU wie Zingg-Lamprecht?
Der grosse Vorteil für ein KMU, wie wir eines sind, ist die Möglichkeit, sich schnell an verändernde Marktbedingungen und Kundenbedürfnisse anpassen zu können. Dafür braucht es Mut und Innovation. Deshalb bauen wir speziell den Bereich des Design- und Beratungsprozesses aus. Wir wissen von unserer Kundschaft, dass ein integrierter Ansatz, eine Ganzheitlichkeit dem Zeitgeist sowie den Bedürfnissen entspricht. Diese Entwicklung in Richtung Komplettanbieter für Einrichtungslösungen fokussieren wir. Dabei ist das Zusammenspiel zwischen internationalen Marken, unseren Showrooms und der Leistung unserer Mitarbeitenden in den beiden Bereichen unserer Firma jeweils ein anderes. Unsere Kunden profitieren zudem von unseren Beziehungen zu Weltmarken, Kunsthandwerkern und hochspezialisierten Manufakturen.
Die Pandemie hat vieles verändert. Wie haben Sie das erlebt?
Während sich der Bereich Wohnen im Privatbereich innerhalb weniger Wochen sehr erfolgreich entwickelt hatte, war das im Firmenkundengeschäft ganz anders. Unsere vier Hauptmärkte Wohnen im Alter, Hospitality, Education und Arbeitswelten standen teilweise komplett still. Der Zugang zu Altersheimen war nicht mehr möglich, Restaurants und Hotels waren geschlossen. Mittlerweile hat sich die Situation verbessert, doch die grossen Verschiebungen passieren nun im Bereich Workspaces und Education. Homeoffice und E-Learning haben die bekannten Normen komplett auf den Kopf gestellt. Unser Team aus Organisationsentwickelnden, Organisationspsycholog*innen, Architekt*innen, Innenarchitekten und Möbelspezialisten beschäftigt sich deshalb gemeinsam mit Marken und Unternehmen stark mit der Frage, welche Rolle Räume in Zukunft spielen werden.
Und wie sehen Sie diese?
Das ist organisations- und kundenspezifisch und niemals abschliessend. Es geht immer um die Frage: Für wen ist es und wofür ist es? Ist dies erstmal herausgearbeitet, nehmen unsere Mitarbeitenden die Firmen mit auf eine Reise und verknüpfen die Realität mit visueller Inspiration – um Lösungen zu erarbeiten, die nicht nur sehr gut aussehen, sondern eben auch richtig und bedarfsspezifisch funktionieren. Dabei halten wir uns immer an die Maxime von Chris Flink: «Der Raum ist die Körpersprache einer Organisation.»
Sie feiern mit Zingg-Lamprecht dieses Jahr den 120. Firmengeburtstag – ein stolzes Alter für eine Zürcher Firma.
In der Tat. Firmen wie Zingg-Lamprecht, die so lange bestehen, machen in meinen Augen zwei wichtige Dinge richtig. Erstens: Man muss sich und seinen Prinzipien treu bleiben und wissen, wofür man steht. Bei uns ist das Zuverlässigkeit, ein grosses Fachwissen und ein Netzwerk, das global mithalten kann. Zweitens: Man muss mit der Zeit gehen. Das bedeutet in unserer Branche, dass wir Trends erkennen müssen, um unseren Kunden stets Innovation, Modernität und frische Ideen vermitteln zu können.
Welche relevanten Tendenzen erkennen Sie zurzeit?
Die Ganzheitlichkeit von Interior-Design-Lösungen, die sich sowohl Privatkund*innen wie auch Unternehmen von uns wünschen. Konkret bedeutet das, dass wir ab dem Rohbau, von der innenarchitektonischen Planung bis hin zur Möbelbeschaffung, Lösungen aus einer Hand bieten und so unserer Kundschaft Zeit, Mühe und Kosten ersparen – ohne Abstriche in Schönheit und Funktionalität.
Was wünschen Sie sich für Zingg-Lamprecht?
Dass wir den Weg, den wir eingeschlagen haben, erfolgreich weitergehen und unsere Ziele erreichen. Dazu gehört auch, dass wir uns im Privatkundengeschäft immer mehr in Richtung ganzheitliche Homebrand entwickeln und nicht nur als Möbelhaus wahrgenommen werden – wir sind längst viel mehr als das. Zudem wünsche ich mir, dass das Unternehmen ein Ort für Leute ist, die Relevanz in ihrer Arbeit suchen, ein Ort, wo Menschen arbeiten möchten. Einen wichtigen Schritt in diese Richtung stellt unser neuer Showroom in Erlenbach mit seinem integrierten Interior-Design-Studio dar, in dem dank eines modernen Ansatzes Planung, Umsetzung und Inspiration gleichzeitig stattfinden.
Wessen Headquarter würden Sie gerne neu gestalten?
Der Name ist gar nicht so wichtig. Uns reizen Kunden und Unternehmen, die verstanden haben, dass der Raum die Identität und die Sprache einer Organisation ist. Sie auf dem Weg der sinnvollen Umsetzung, die höchsten Anforderungen an Funktion und Ästhetik entspricht, zu begleiten, das ist für mich das Essenzielle.
Ihr Lieblingsplatz bei Ihnen zu Hause?
Die Terrasse. Den Tag im Kreise meiner Familie draussen ausklingen zu lassen, das ist für mich das Beste.